Mehr als 30 Menschen sterben, als die „Costa Concordia“ kentert. Die juristische Aufarbeitung des Unglücks geht nur schleppend voran. Ein Gericht soll jetzt entscheiden, ob es zum Prozess gegen Kapitän Schettino kommt.

Grosseto. Rund 15 Monate nach der Havarie der „Costa Concordia“ haben am Montag in Italien die Voranhörungen zu einem möglichen Strafprozess begonnen. Bis Juli soll das Gericht in Grosseto über eine Anklage von Kapitän Francesco Schettino sowie von fünf weiteren Crewmitgliedern und Mitarbeitern der Reederei entscheiden. Bei dem Unglück vor der Insel Giglio waren im Januar 2012 32 Menschen ums Leben gekommen.

Schettino traf am Montagmorgen in Begleitung seiner Anwälte bei dem Gericht in Grosseto ein. Bei der Sitzung unter Vorsitz des Richters Pietro Molino beantragten mehr als 200 Überlebende, Angehörige von Opfern, Umweltverbände und öffentliche Institutionen ihre Anerkennung als Zivilpartei. Insgesamt sind für die Voranhörungen 40 Sitzungen angesetzt. Der eigentliche Prozess wird voraussichtlich erst im Herbst beginnen.

Schettino wird sich voraussichtlich wegen fahrlässiger Tötung, voreiligen Verlassens des Schiffs und Beschädigung der Umwelt verantworten müssen. Zudem muss der Richter über die Anklage von vier weiteren Crewmitgliedern und einem Mitarbeiter der Eignerfirma Costa Crociere entscheiden. Der Leiter der Krisenzelle von Costa Crociere, Roberto Ferrarini, wird verdächtigt, die Evakuierung des Kreuzfahrtschiffs verzögert zu haben.

Die „Costa Concordia“ hatte am Abend des 13. Januar 2012 mit mehr als 4200 Menschen an Bord einen Felsen vor der italienischen Insel Giglio gerammt und war leck geschlagen. Schettino wird verdächtigt, das Schiff unverantwortlich nah an die Küste gesteuert zu haben, um dem Hafen einen traditionellen Seemannsgruß zu entrichten. Beim Kentern des Ozeanriesens waren 32 Menschen ums Leben gekommen, darunter zwölf Deutsche.

Costa Crociere hatte vergangene Woche in einem Vergleich mit der Staatsanwaltschaft seine Mitverantwortung an der Tragödie anerkannt: Mit der Zahlung von einer Million Euro vermied das Unternehmen einen strafrechtlichen Prozess und kann von Überlebenden und Angehörigen nur noch auf zivilrechtlich belangt werden. Eine Gruppe Überlebender namens „Gerechtigkeit für Concordia“ verlangt nun eine Entschädigung von 500.000 Euro für jeden Überlebenden.

„Meine Mandanten wollen verstehen, was sich tatsächlich ereignet hat, warum und wer daran die Schuld trägt“, sagte Anwalt Massimiliano Valcada, der einige der französischen Opfer vertritt, am Montag vor Beginn der Sitzung. „Dies wird nichts daran ändern, was in dieser schrecklichen Nacht geschah, doch müssen sie wissen, warum ein naher Angehöriger in dieser Nacht wahrscheinlich wegen einer Dummheit gestorben ist.“

Das Wrack der „Costa Concordia“ liegt noch immer vor der Küste von Giglio. Seit mehr als einem Jahr bemüht sich eine US-Bergungsfirma, das Schiff wieder aufzurichten, um es zum Abwracken in einen Hafen zu bringen. Die Gemeindeverwaltung von Giglio beantragte am Montag eine Entschädigung von 80 Millionen Euro von Costa Crociere. Das Unternehmen gehört zum US-Kreuzfahrtriesen Carnival.