Die Hamburger Psychologin Lisa Fischbach über die van der Vaarts, Freundschaft unter Frauen und Liebe, die keine Grenzen kennt.

Berlin. Es gibt wohl kaum ein Wesen, das sich besser zum Feindbild eignet als eine attraktive Frau, die sich nimmt, was sie will. Zumal dann, wenn es sich um eine dunkelhaarige Schönheit handelt, die einer Blondine angeblich etwas weggenommen hat. Nein. Es muss alles andere als angenehm für Sylvie van der Vaart sein, dass ihr Noch-Ehemann Rafael jetzt offiziell mit ihrer besten Freundin liiert ist. Der Inbegriff des Berechnenden, des Bösen ist Sabia Boulahrouz dennoch nicht.

Dass sich Paare trennen, dass sich die Ex-Partner neu verlieben, dass sie Zuneigung für Menschen entwickeln, die schon lange zu ihrem Freundeskreis gehören, das ist nicht überraschend. Und es ist auch nicht überraschend, dass beste Freundinnen zu erbitterten Konkurrentinnen werden, wenn es um die Liebe geht. Eine repräsentative Umfrage der Frauenzeitschrift "Petra" ergab vor einigen Jahren, dass drei von vier Frauen ihrer besten Freundin den Mann ausspannen würden. Gerade mal 24 Prozent der Befragten gaben an, dass sie aus Loyalität zu ihrer Freundin darauf verzichten würden, ihre Gefühle auszuleben. Die anderen Frauen sind der Meinung, dass die Liebe alles darf. Umso überraschender ist die öffentliche Empörung, die eine solche Verschiebung der Beziehungskonstellationen hervorruft, die gerade in den Spieler-Familien van der Vaart und Boulahrouz stattfindet. Damals, 2001, als bekannt wurde, dass die Fernsehmoderatorin Ulla Kock am Brink eine Beziehung mit Theo Baltz, Ehemann ihrer Freundin Sabine Christiansen, hatte, galt sie in der Öffentlichkeit als Spaltpilz, der Christiansens Ehe zerstört hat. Tatsächlich soll es schon länger zwischen den beiden gekriselt haben.

Auch jetzt reagieren Fans und Medien mit Häme und Entsetzen. Während Sylvie im Allgemeinen mit Mitgefühl bedacht wird, ergeht über Rafael van der Vaart ein wahrer Shitstorm. Dabei sind Äußerungen wie "Peinlicher als die 9:2-Pleite gegen die Bayern ... bist nur noch du" noch zu den harmloseren Bemerkungen.

Und Sabia? Die schöne Sünderin? Die falsche Freundin? Nett ist das nicht, was jetzt überall zu lesen ist über die Frau, die angeblich nur deshalb mit Rafael van der Vaart zusammen ist, weil sie "nach oben" will. Sie, die angeblich 20.000 Euro in der Woche fürs Shoppen ausgibt. Dabei ist die türkischstämmige Sabia doch nur eine "Jeansverkäuferin" gewesen, die sich als "Go-go-Tänzerin" einen Namen gemacht und - o nein! - "wechselnde Bekanntschaften" zu Männern gepflegt hat. Ein Clubbesitzer war dabei, ein DJ, ein Musikproduzent, ein Schönheitschirurg. Und jetzt Rafael van der Vaart! Pfui!

„Die Liebe macht, was sie will“

Warum geht niemand davon aus, dass die beiden sich wirklich gern haben? "Bei einer Freundschaft zu dritt", sagt Diplompsychologin Lisa Fischbach von der Online-Partnervermittlung ElitePartner, "wird die erotische Spannung in der Regel ausgeschaltet, weil der Partner der besten Freundin ein Tabuthema ist. Das heißt aber nicht, dass unterschwellig durchaus Anziehungskräfte bestehen können." Nach ihrer Erfahrung als Single- und Paarberaterin mit eigener Praxis in Hamburg passiert das nicht so oft. Aber eine Freundschaft sei dagegen nicht gefeit, dass Gefühle durchschlagen. "Die Liebe macht, was sie will", sagt die Beziehungsexpertin und Autorin ("Treue ist auch keine Lösung"), "wenn sie aufkeimt, kann man sie lediglich unterdrücken."

Darf man das wirklich von zwei Menschen verlangen, die merken, dass sie mehr verbindet als Freundschaft? Zumal dann, wenn die vorangegangene Beziehung bereits seit drei Monaten offiziell beendet ist? Aber auch für den Fall, dass, wie jetzt mehrfach vermutet, Sabia Boulahrouz schon länger mit dem niederländischen HSV-Spieler enger befreundet als erlaubt und vielleicht sogar der Grund für das Beziehungs-Aus von Sylvie und Rafael ist - mit dem Finger auf sie zu zeigen hat etwas von Selbstgerechtigkeit und Heuchelei, die peinlicher ist als ihre Vergangenheit als Jeansverkäuferin und Go-go-Girl.

Lisa Fischbach jedenfalls glaubt, dass sich Rafael und Sabia nicht leichtfertig entschieden haben und um die Tragweite ihres Schrittes wissen. Denn für Sylvie van der Vaart ist das ein schwerer Schlag, ein Doppelverlust: Nach dem Partner verliert sie auch noch die beste Freundin. Dass sich die beiden Frauen irgendwann wieder so nahe sein werden wie früher, das glaubt Lisa Fischbach nicht.

"Vielleicht werden sie sich in ein paar Monaten aussprechen", vermutet sie, "vielleicht werden sie sich wieder mit Respekt begegnen. Aber eine Freundschaft wird das nicht mehr. Dafür ist der Vertrauensbruch zu groß." Für Sylvie ist vermutlich eine Welt zusammengebrochen. Sabia wird sie wahrscheinlich nicht in ihre Liebe zu Rafael eingeweiht haben. "Sie hat ihre Freundin wahrscheinlich vor vollendete Tatsachen gestellt."