Störe sind lebende Fossilien und seit 200 Millionen Jahren im Tierreich fest verankert. Der Mensch mit gerade mal 200 000 Jahren Evolutionsgeschichte hat es geschafft, ihn fast auszurotten.

Hohensaaten/Born. Der Stör hat nicht nur wegen seines edlen Kaviars eine besondere Bedeutung für den Menschen. Der bis zu vier Meter lange Fisch ist ein „lebendes Fossil“, bereits vor 200 Millionen Jahren haben Störe die Gewässer bevölkert. Doch von den weltweit 27 bekannten Arten des Störs sind vor allem wegen Umweltverschmutzung und Überfischung alle gefährdet oder vom Aussterben bedroht.

Heute jedoch genießt er große Wertschätzung. Seit 1994 kümmert sich die Rostocker Gesellschaft zur Rettung des Störs um die Wiederansiedlung des Wanderfisches, der auch Fisch des Jahres 2013 in Brandenburg ist. An diesem Montag werden bei Hohensaaten (Kreis Märkisch-Oderland) 200 etwa 60 Zentimeter lange und ein Jahr alte Störe in die Oder ausgesetzt. „Die Fische wiegen bis zu einem Kilo und sind im Sommer doppelt so schwer“, prognostiziert Carsten Kühn von der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Born auf dem Darß.

Dort tummeln sich in zwei ehemaligen Hafenbecken 30 Laichstöre. Sie sind etwa 2,50 Meter groß und wiegen bis zu 100 Kilo. In den vergangenen Jahren wurden Millionen Dottersacklarven ausgesetzt, kleine, nicht schwimmfähige Larven mit einem Dotter-Nährstoffdepot. Sie können in diesem Alter an das Gewässer geprägt werden und kommen später zum Laichen zurück. „Wir hoffen, dass es ein paar Prozent wirklich schaffen“, sagt Kühn.

Die Wissenschaft ist sich uneins, ob es für die Prägung reicht, heranwachsende Fische auszusetzen. Denn sie schwimmen laut Kühn in die Ostsee und „streunen dort herum“, bis sie alt genug sind, zu ihren Laichgründen zurückzuschwimmen. Die Frage ist, ob sie dann die Oder wiedererkennen.

Kühn rechnet damit, dass es noch 20 bis 30 Jahre dauert, bis in der Oder ein Bestand entsteht, der sich selbst reproduzieren kann. Denn der Stör hat – aus Sicht des Menschen – einen gravierenden Nachteil: Er braucht rund 20 Jahre, um sich fortzupflanzen.

Christopher Zimmermann vom Rostocker Thünen-Institut für Ostseefischerei hält die Bemühungen zur Wiederansiedlung für aussichtsreich. Anders als beim Aal lassen sich Störe in Gefangenschaft vermehren und unternehmen nicht notwendigerweise weite Wanderungen, an denen sie Verbauungen der Süßgewässer hindern. „Vielleicht ist er irgendwann sogar wieder als fischereiliche Ressource interessant – das dürfte aber noch dauern, auch wenn weiterhin viele Störe ausgesetzt werden“, sagt Zimmermann.

Kühn und seine Kollegen hoffen, dass sie ein paar der Störe nochmals zu Gesicht bekommen. Denn die Fische tragen an der Rückenflosse eine gelbe Plastikmarke mit einer Nummer. Wenn ein Fischer einen Stör fängt, soll er ihn vermessen, fotografieren und zurück ins Wasser werfen. „Als Anreiz gibt es eine Fangprämie zwischen 10 und 25 Euro“, sagt Kühn. Für andere Tiere, die einen Sender tragen, kann es sogar bis zu 100 Euro geben. Dass sich das Projekt zur Erhaltung des Störs zumindest gut entwickelt, zeigen die häufigen Fangmeldungen. Einzelne Fische seien schon mehrmals in einem Netz gelandet.

Dabei werden die Baltischen Störe nicht wegen ihres Kaviars ausgesetzt. Wenn es überhaupt um eine künftige wirtschaftliche Bedeutung gehen sollte, dann wegen ihres Fleisches. Denn im Unterschied zum Europäischen Stör sind bei ihm die Eier kleiner und uneinheitlich schwarz-grau gefärbt.

Der Geschäftsführer des Landesanglerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Axel Pipping, freut sich, dass der Stör möglicherweise bald wieder heimisch wird. „Er gehört als Raubfisch ins Ökosystem“, betont er. Er bereichere die Artenvielfalt und zeige auch, dass die Bemühungen zur Verbesserung der Umwelt Erfolge zeigen. Er rechnet damit, dass Störe die durch die Verringerung der Artenvielfalt in Massen auftretenden Brachsen oder Plötzen zurückdrängen. Er geht davon aus, dass es noch sehr lange dauern wird, bis das Fangverbot für Störe aufgehoben wird. „Bis dahin kann man nur hoffen, dass sich alle dran halten.“