Am Berliner Olympiastadion kollidierten zwei Hubschrauber, als die Bundespolizei den Ernstfall im Kampf gegen Hooligans probt. Ein 42-jähriger Pilot stirbt.

Berlin. Es ist alles genau geplant. 400 Beamte der Bundespolizei wollen einen Einsatz gegen Fußball-Hooligans üben. Ein Einsatz, der Tod und Gewalt verhindern soll. Erst an einer S-Bahn-Station, dann auch mit nachrückenden Beamten, die mit Hubschraubern zur Verstärkung eintreffen. Die Hubschrauber hatten die Aufgabe, auf dem Maifeld am Stadion Einsatzkräfte abzusetzen. Doch am Olympiastadion in Berlin läuft am Donnerstag nichts wie geplant. Das scheppernde Geräusch von herumfliegenden Metallteilen beendet jäh den Übungseinsatz. Im Schneegestöber kollidiert ein Hubschrauber bei der Landung mit einem anderen Helikopter. Ein Pilot stirbt, sieben andere Menschen werden verletzt. Die Übung wird zum tödlichen Unglück. Das Training zur Tragödie.

Schon seit Wochen schneit es in der Hauptstadt. Die Beamten beginnen dennoch um 9.15 Uhr morgens mit der Übung. Die Polizisten - einige als Fußballfans verkleidet - stellen einen Streit bei einem Fußballspiel nach. Währenddessen kreisen bereits Hubschrauber über der S-Bahn-Station in der Luft. Kurze Zeit später sind zwei Helikopter auf einem Feld gleich neben der bekannten Sportarena gelandet. Die Rotorblätter wirbeln viel Schnee auf. Ein dritter Mannschaftshubschrauber, der etwa 20 bis 25 Plätze hat, setzt zur Landung an. Zu sehen ist nichts - plötzlich ist ein Knall zu hören. "Erst war alles weiß, und dann gab es einen riesigen Knall", schildert ein Augenzeuge die Situation. Ein anderer beschreibt das Geräusch des Zusammenstoßes und der splitternden Rotorblätter als eine Art Feuerwerk. "Die Trümmerteile sind nach allen Seiten geflogen, auch in Richtung wartender Polizisten und Journalisten", sagt der Mann.

Einige Beamte klettern aus den Hubschraubern, andere werden von ihren Kollegen herausgezogen und gestützt. Die Polizisten versuchen Erste Hilfe zu leisten, Blutungen zu stoppen. Die Maschinen - nach Polizeiangaben handelte es sich um einen mittleren Transporthubschrauber vom Typ AS 332 L1 Super Puma sowie einen leichten Transporthubschrauber des Typs EC 155 B - gingen zum Glück nicht in Flammen auf. "Unsere Sorge war, dass Kerosin ausläuft", sagte Feuerwehrsprecher Stephan Fleischer. Die Berliner Feuerwehr war mit rund 100 Einsatzkräften vor Ort, nachdem um 10.33 Uhr eine Alarmmeldung in der Zentrale eingegangen war. Insgesamt fünf Männer und zwei Frauen werden bei dem Unglück verletzt, einige von ihnen schwer. Ein 42 Jahre alter Pilot stirbt. Eine Obduktion solle nun die Todesursache klären, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitag sagte.

Endgültiger Bericht wohl erst in einigen Monaten

Die Hubschrauber-Wracks wurden der Berliner Polizei zufolge am Donnerstag abtransportiert. Sie sollen zunächst zwischengelagert und später der Bundespolizei übergeben werden. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung hat die Ermittlungen aufgenommen und soll die Ursache der Kollision klären. Die Untersuchung wird nach Ansicht von Experten mehrere Monate dauern. Die Pilotenvereinigung Cockpit hält Schneeverwirbelungen für einen möglichen Auslöser des Unfalls.

„Hochwirbelnder Schnee könnte eine Ursache sein. Der Pilot verliert dann die Orientierung für seine Geschwindigkeit, Höhe und Lage. Das ist wie ein Blindflug im Nebel“, sagte Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Dies sei für Helikopter-Piloten aber kein unbekanntes Phänomen.

Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) will im April einen ersten Bericht zu dem Unfall vorlegen. Die Untersuchung zur Ursache werde aber längere Zeit dauern, sagte ein Sprecher der Behörde in Braunschweig am Freitag. Die BFU versuche, sie innerhalb von zwölf Monaten abschließen zu können.

Auch der Sprecher der Vereinigung Cockpit, Handwerg, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die genaue Erforschung der Absturzursache werde Monate dauern. „Bis zu einem endgültigen Bericht können durchaus auch Zeiträume von bis zu anderthalb Jahren vergehen.“

Mutmaßungen machen die Runde

Dennoch machen nach und nach Mutmaßungen die Runde. Bei der Wetterlage hätte man auf die Übung mit den Hubschraubern verzichten sollen, meinen Beobachter. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sagt, er vermute, die enorme Schneeverwirbelung und die schlechte Sicht könnten zum Unglück beigetragen haben.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält derartige Übungen auch unter schlechten Bedingungen für notwendig. Hubschraubereinsätze gegen gewalttätige Fußball-Hooligans müssten bei jedem Wetter geprobt werden, weil auch Fußballspiele bei fast jedem Wetter stattfänden. "Wir sind keine Schönwetterpolizei", sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt der "Ostsee-Zeitung".

Der zweite Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Hans-Joachim Zastrow, kann sich keine Sicherheitsverstöße vorstellen. Dem Sender n-tv sagt er: "Sie können absolut sicher sein, dass die Bundespolizei Einsätze mit Hubschraubern nur fliegt, wenn die Sicherheit gewährleistet ist." Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) besuchte den Unglücksort und sprach von einem schrecklichen Unfall. Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei, war schockiert: "Wir haben einen toten Polizisten zu beklagen und sind bei den Angehörigen."

Als das Unglück, das den Einsatz gegen gewalttätige Fußballfans üben sollte, passierte, trainierten gerade die Fußballprofis des Zweitligisten Hertha BSC auf dem Olympiagelände. Sie bekamen aber nichts mit, wie Mannschaftskapitän Peter Niemeyer dem "Tagesspiegel" sagte.