Viele Frauen und noch mehr Alkohol - das war einmal. Schauspieler Heiner Lauterbach ist auf Ochsentour für seine Biografie, Teil 2.

Hamburg. Der Mann, man kann es nicht anders sagen, sieht fast unverschämt gut aus. Leicht gebräunt, der Körper schlank und straff, das Gesicht frisch, die Augen flink und wach: So entsteigt Heiner Lauterbach, der am 10. April seinen 60. feiert, federnden Schrittes dem Fahrstuhl des Hyatt-Hotels an der Mönckebergstraße, um auszuchecken.

Am Abend vorher war er Gast bei Markus Lanz. Jetzt warten viele Interviews und Lesungen: Lauterbach ist auf Ochsentour für seine Biografie, Teil 2, in der er sein Leben so ungefähr ab dem 50. Lebensjahr beschreibt ("Man lebt nur zweimal", Lübbe, 19,99 Euro). Darin erzählt er von seinem neuen, gesunden Leben und hat davon gleich auch noch einen Lehrfilm zum Nachmachen im Angebot (Heiner Lauterbach - Kerngesund! Das Cardio-, Kraft- & Koordinationstraining für Männer).

Bis dahin hatte der Schauspieler, der spätestens mit dem Film "Männer" der Regisseurin Doris Dörrie aus dem Jahre 1985 zu einem der Großen der nationalen Branche wurde, "nichts ausgelassen". So lautete der Titel seiner ersten Biografie, in der er der staunenden Öffentlichkeit vor nunmehr gut zehn Jahren offenherzig von seinen Eskapaden berichtet hatte, bei denen es stets um viele Frauen, um noch mehr Alkohol sowie um einen bunten Strauß Drogen und ums Zocken ging - wenn er gerade mal keinen Film drehte oder auf einer Theaterbühne stand, wo er trotz allem durch unerschütterliche Disziplin überzeugte. "Ich habe mich kontinuierlich zum Alkoholiker gesoffen", sagt Lauterbach, nachdem er einen Earl-Grey-Tee bestellt hat, den er - selbstverständlich - ohne Zucker trinkt. "Aber was die Warnungen der Ärzte bei mir nicht bewirkt haben, hat letztlich meine Frau Viktoria geschafft. Sie gab mir eine neue Perspektive." Im Ergebnis liest sich das dann so: "Ich mache fünfmal in der Woche Sport, ich achte auf mein Gewicht, ich habe das Gefühl, ich nehme an manchen Tagen mehr biologisch angebautes Grünzeug zu mir als ein ausgewachsener Koala-Bär, und von Nikotin und anderen Drogen lasse ich die Finger. Ich bin heute mit meinen sechzig Jahren leistungsfähiger und fitter, als ich es mit vierzig war."

Dabei wollte Lauterbach eigentlich gar keine Biografie schreiben. Das, so erzählt er, habe sich aus den vielen Hundert Briefen und E-Mails ergeben, die ihn in den vergangenen Jahren erreicht hätten; von Menschen, die von ihm wissen wollten, wie er es geschafft habe, sein Leben so konsequent zu ändern. ",Man lebt nur zweimal' ist sozusagen als Generalantwort zu verstehen", meint er.

"Die Botschaft meines Buches lautet: Es ist nie zu spät, das Ruder rumzureißen." Aber sicherlich ist es auch als 300-seitige Liebeserklärung an die "sehr fleißige, sehr taffe" Frau zu begreifen, die es geschafft hat, einen bekennenden Macho zu zähmen, der es sich zur Regel gemacht hatte, seine One-Night-Stands beim gemeinsamen Aufwachen nicht gerade liebreizend zu behandeln: "Einem Besuch sollte man es nicht zu gemütlich machen, wenn man will, dass er irgendwann wieder geht. Das hatte ich bei der Wahl meiner variablen Frühstücksarrangements stets im Hinterkopf. Mal bestanden sie aus einem zwölf Tage alten Croissant mit einem Glas nicht ganz taufrischer Buttermilch, mal aus einer Brotkruste und lauwarmem Matetee."

Und ausgerechnet dieser Mann, Heiner Lauterbach, Vorbild für Millionen von Möchtegern-Machos, steht nun gerade mal ein Jahrzehnt später am Fuß der Treppe seines Starnberger Hauses und ruft: ""Schnuffi, Schnecke, Tiger, das Frühstück ist fertig!" Er käme, sagt Lauterbach mit süffisantem Lächeln, nicht mal im Entferntesten auf die Idee, seine Frau, die ihm zwei weitere Kinder schenkte (aus seiner ersten Ehe mit der Schauspielerin Katja Flint hat Lauterbach noch einen Sohn) zu betrügen - "auch wenn ich an die Monogamie nicht glaube". Aber Polygamie hatte er ja schon, und überdies sei die "ungeheuer fleißige Victoria" nicht nur die Mutter seiner Kinder, sondern zugleich seine Managerin, seine Geliebte und seine Freundin. "Zu Hause, da führt sie ein strenges Regiment - da gehen die Handwerker einfach an mir vorbei und fragen nach der Chefin!" Klagen hört sich jedoch anders an.

Aber wer ist denn nun der echte Heiner Lauterbach? Der Macho und Partyhengst? Der Spießer? Der Gesundbeter? "Ich kann auch nicht sagen, dass ich jetzt nicht mehr ich selbst bin, dass der Heiner von früher der echte gewesen ist", meint er. Ein Mann auf der Suche nach sich selbst? "Auch wenn ich langsam von extremer Verspießerung bedroht bin, so merke ich doch, wie angenehm eine gewisse Regelmäßigkeit ist." Spießer sei ohnehin kein Schimpfwort. "Die ganzen Menschen, die brav arbeiten und Steuern zahlen und keine Verbrechen begehen: Sie sind es ja, die das Staatswesen am Laufen halten. Von den Spießern leben wir. Und ich muss sagen: Am besten geht es mir, wenn ich Essen, Schlafen und Sport mit schöner Regelmäßigkeit ausübe."

In der Konsequenz heißt das: Eine biografische Trilogie ist wohl so gut wie ausgeschlossen. "Aber in zehn oder 20 Jahren", sagt Lauterbach und setzt einen kecken Hut auf, "da möchte ich noch mal einen Roman schreiben."