Der 33-jährige Amerikaner Christopher Dorner mordet aus Rache gegen die Polizei. Eine Million Dollar Belohnung sind ausgesetzt.

Los Angeles. Wo ist Christopher Dorner? Seit fast einer Woche jagen Hunderte Fahnder und Spezialkräfte des FBI den Dreifachmörder und ehemaligen Polizisten in zwei US-Bundesstaaten und im Grenzgebiet zu Mexiko. Es ist einer der größten Fahndungseinsätze des Landes. Doch von dem schwer bewaffneten und als extrem gefährlich eingestuften Flüchtling fehlt offenbar jede Spur. Der Bürgermeister von Los Angeles hat jetzt ein Kopfgeld von einer Million Dollar auf Dorner ausgesetzt - das höchste in der Geschichte der Stadt.

"Wir werden diese Terrorherrschaft nicht dulden", sagte Antonio Villaraigosa, Stadtoberhaupt der fast vier Millionen Einwohner zählenden Westküstenmetropole. Und der Polizeichef von Los Angeles, Charlie Beck, warnte: "Dieser Mann ist ein ausgebildeter Killer und extrem gefährlich." Er rief die Bevölkerung zu "extremer Wachsamkeit" auf.

Zuletzt hatte sich die Suche nach Dorner, 33, auf das Skigebiet Big Bear Lake, 160 Kilometer von Los Angeles entfernt, konzentriert. Dort fanden die Beamten den ausgebrannten Pick-up von Dorner. Doch die Spur verlor sich im dichten Schneetreiben. Aus Angst vor einem Anschlag wurden in dem Gebiet weiträumig vorsorglich die Schulen geschlossen.

Christopher Dorner, ein bulliger, durchtrainierter, 1,82 Meter großer und 122 Kilogramm schwerer ehemaliger Marinesoldat, hatte am Sonntag vor einer Woche einen blutigen Rachefeldzug gegen die Polizei von Los Angeles angekündigt. Er soll nach Angaben von Chefermittler Beck "bis an die Zähne bewaffnet" sein und sogar eine Boden-Luft-Rakete besitzen.

In einem elf Seiten langen Manifest, das er auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte, kündigte Dorner eine "unkonventionelle und asymmetrische Kriegsführung" gegen die Polizei an. In einer "Todesliste" prophezeit er die Erschießung von insgesamt 40 Personen, die meisten davon Polizisten. "Erst wenn die Wahrheit ans Licht kommt", schreibt Dorner, "wird das Töten aufhören."

In seiner Hassbotschaft mit Hunderten von Bildern, die ihn als freundlichen und breit lächelnden Mann zeigen, kritisiert Dorner den "Rassismus, die Brutalität und die Korruption" bei der Polizei von Los Angeles. Dorner war 2007 nach einer Falschaussage gegen eine Kollegin fristlos entlassen worden. Er hatte sie beschuldigt, einen psychisch kranken Verdächtigen misshandelt zu haben. Ein Vorwurf, der sich später als falsch herausstellte.

Polizeichef Beck kündigte dennoch an, den Fall neu zu untersuchen. "Ich tue das nicht, um einen Mörder zu beruhigen", sagte er. "Ich will damit nur zeigen, dass wir Vorwürfe von Rassismus in dieser Stadt ernst nehmen und untersuchen werden." Erinnerungen an den Fall Rodney King werden dabei wieder wach. Im Jahr 1992 hatte der Übergriff weißer Polizisten auf den schwarzen King zu Rassenunruhen in Los Angeles geführt.

Im Internet hat Dorner mittlerweile eine Fangemeinde. Viele meist anonyme Schreiber feiern ihn als "Helden" und als "schwarzer Ritter gegen die Korruption".

Die 40 Personen auf Dorners Liste hat die Polizei mittlerweile unter Personenschutz gestellt. Für das Ehepaar Monica Quan und Keith Lawrence kam diese Vorsichtsmaßnahme allerdings zu spät. Die beiden hatte Dorner am 3. Februar in Irvine, knapp 60 Kilometer südlich von Los Angeles, in ihrem Auto mit mehreren Schüssen ermordet. Die 28-jährige Quan ist die Tochter eines Ex-Kollegen von Dorner.

Vier Tage später hatte es Dorner auf zwei Polizisten abgesehen, die an einer roten Ampel in Riverside, eine Autostunde östlich von Los Angeles, standen. Einer der Beamten starb im Kugelhagel, ein anderer wurde schwer verletzt. Danach wurde die Großfahndung nach Dorner auf ganz Kalifornien und Nevada, wo Dorner ein Haus besitzt, und bis nach Mexiko ausgeweitet. Insgesamt 10.000 Polizisten sind in Alarmbereitschaft.

Die Nerven scheinen bei den Beamten mittlerweile blank zu liegen. Offenbar ohne Vorwarnung eröffneten sie vor ein paar Tagen das Feuer auf ein Auto, auf das die Beschreibung von Dorners Wagen passte. Eine Zeitungsverkäuferin und ihre 74 Jahre alte Mutter wurden dabei schwer verletzt. Der Wagen des Flüchtlings wurde erst später in dem Skigebiet von Big Bear Lake gefunden. Im Inneren des Wagens lag eine Campingausrüstung.

Fieberhaft durchkämmen seitdem Hunderte von Polizisten das beliebte Skigebiet. "Er kann überall sein", sagt Polizeichef Beck. "Hinter jedem Baum, in jedem Haus." Extreme Kälte und Dauerschnee erschweren die Fahndung. Dabei könnte Dorner längst ins angrenzende Nevada geflüchtet sein oder gar den Sprung über die Grenze nach Mexiko geschafft haben.