Die Täter, die aus Polen stammen sollen, hatten Passbild aus dem Internet kopiert

Berlin. Die heiße Spur entpuppte sich als falsche Spur: Der mit einem Fahndungsfoto gesuchte Verdächtige im Zusammenhang mit dem Tunnel-Coup in der Berliner Volksbank-Filiale war ein unschuldiger Student aus Wuppertal. Dieser Ermittlungsansatz der Soko "Tunnel" hat sich mit der Identifizierung des Tat-Unbeteiligten nun zerschlagen. Polizeisprecher Thomas Neuendorf wehrte sich am Mittwoch gegen den Vorwurf einer Polizeipanne, zeigte aber Verständnis für die unangenehme Situation des Betroffenen.

Für den Einbruch in die Volksbank in der Nacht zum 14. Januar hatten die Unbekannten einen Tiefgaragenplatz angemietet, von wo aus sie einen 45 Meter langen Tunnel bis in den Tresorraum gruben. Dort brachen sie schließlich 294 Schließfächer auf und entkamen unerkannt. Bei Vertragsabschluss für diesen Stellplatz hatte einer der Täter eine gefälschte niederländische Identitätskarte mit einem Foto vorgelegt. Nach ersten Erkenntnissen wurde es aus dem Internet kopiert. Es soll dem Aussehen dieses Unbekannten geähnelt haben.

Schon am Dienstagabend gegen 22 Uhr stand allerdings fest, dass der per Öffentlichkeitsfahndung gesuchte Mann ein Student ist, der sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in Deutschland aufgehalten hatte. Der junge Mann soll sehr darunter leiden, in der Öffentlichkeit - wenn auch nur zeitweilig - als Tunnelgangster gegolten zu haben. Er steht mit den Berliner Beamten der Soko "Tunnel" in Kontakt. Polizeisprecher Thomas Neuendorf betonte, seine Behörde sei keineswegs leichtfertig mit dem Bild umgegangen. "Wir haben dieses Foto bereits sehr schnell nach Bekanntwerden des Einbruchs bekommen und sofort die Ermittlungen dazu eingeleitet. Zwar gab es Aussagen des Vermieters, wonach es sich bei dem Mieter und dem Mann auf der Identitätskarte tatsächlich um die gleiche Person handeln soll, es gab aber andere Zeugen, die dies nicht so sahen."

Parallel wurden alle Datenbestände in den Computern von Polizei und anderen Sicherheitsbehörden durchsucht. "Als es keinen einzigen Treffer in Bezug auf den in der Karte abgebildeten Mann gab, haben wir per Gerichtsbeschluss schließlich die Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet", sagte Neuendorf. Es sei letztlich auch ein Erfolg, diese zunächst vielversprechende Spur nun als falsch klassifizieren zu können. "Aber selbstverständlich haben wir Verständnis für die Unannehmlichkeiten, die der Student hat hinnehmen müssen." Damit konzentriert sich die Fahndung wieder auf das Phantombild, das einen stämmigen Arbeiter im Alter zwischen 30 und 40 Jahren zeigen soll, der von Zeugen im Bereich der Garage gesehen worden war.

Trotz dieses Rückschlages bei der Fahndung sind sich die Berliner Ermittler sicher, den Einbrechern über kurz oder lang auf die Spur zu kommen. Inzwischen sind etwa 240 Hinweise bei der Soko "Tunnel" eingegangen. Auf deren Basis verfolgen die Beamten mehrere Tausend Spuren. "Wir gehen davon aus, dass die Gruppe aus Polen stammt", sagte ein Ermittler. So seien nicht nur mehrere Mineralwasserflaschen aus polnischer Produktion im Tatortbereich gesichert worden, sondern auch andere Gegenstände, die keinen anderen Schluss zulassen, als dass die Täter aus dem Nachbarland stammen. "Wir können in diesem Punkt aus ermittlungstaktischen Gründen nicht ins Detail gehen, aber es gibt ausreichend Hinweise. Auch darauf, dass die Täter ausreichende Kenntnisse über Arbeiten unter Tage haben müssen." Denn der Bau eines solchen Tunnels sei nicht einfach und auch nicht ungefährlich. In dem Zusammenhang erhofft sich die Polizei Hinweise auf die beim Bau des Tunnels verwendeten etwa 1000 Holzwinkel. Sie möchte wissen, wo eine große Anzahl dieser Winkel gekauft oder gestohlen worden ist.

Zudem interessieren sich die Ermittler für einen dunklen Kombi und einen hellen Transporter mit einem schwarzen Viereck auf der Seite. Beide Fahrzeuge wurden offenbar bei dem Verbrechen genutzt.