Australien kämpft gegen Buschbrände ungeahnten Ausmaßes. Eine Oma musste sich mit fünf Enkeln ins Meer flüchten

Sydney. Und plötzlich stand auch das Haus von Tim und Tammy Holmes in Flammen. Das Rentnerehepaar im tasmanischen Küstenort Dunalley passte gerade auf seine fünf Enkelkinder auf, als eine jener Feuerwalzen, die derzeit überall in Australien ganze Landstriche verwüsten, die Wohnsiedlung erfasste und der Familie den Fluchtweg zu Lande abschnitt. Großvater Tim, 62, schickte seine Frau und die Enkel hinunter zum nahe gelegenen Meeresufer.

Sie suchten Schutz unter einem Anlegesteg und standen fast bis zum Hals im Wasser, um sie herum nur Hitze, Rauch und Asche. Sie hatten kaum Sauerstoff zum Atmen, "nur in einem Bereich von 30 Zentimetern über dem Wasser war dies möglich", berichtete später Tim Holmes. Dann fing auch noch der Steg an zu brennen. Irgendwie schafften es der Großvater, seine Enkelkinder und seine Frau, aus ihrer bedrohlichen Lage und aus dem Katastrophengebiet herauszukommen. Ihr Hab und Gut haben die Holmes komplett verloren, aber ihr Leben konnten sie retten. "Es ist alles weg, bis zum letzten bisschen", sagte Tim Holmes. "Aber es ist ein tolles Gefühl der Erleichterung, wenn man daran denkt, dass wir nicht ein einziges Haar auf dem Kopf eines Kindes verloren haben." Die Mutter der zwei bis elf Jahre alten Kinder war zu einer Beerdigung gereist. Als sie von dem Drama um ihre Familie erfuhr, konnte sie nicht helfen, sondern nur hoffen und beten.

In weiten Teilen Australiens herrschte auch am Mittwoch Alarmstufe Rot. Wieder waren Zehntausende Feuerwehrleute im Einsatz, um Hunderte kleinere Brandherde einzudämmen. Immer wieder brachen neue Feuer aus. Die meisten Menschen nähmen die Warnungen der Behörden zwar ernst, "aber es gibt immer einige, die es besser wissen", sagte Rob Rogers von der Feuerwehr New South Wales dem Sender ABC. "Denjenigen möchte ich Folgendes sagen: Wenn Sie in der Vergangenheit Warnungen ignoriert haben, dann ist heute der Tag, an dem Sie auf die Behörden hören sollten."

Das Land liegt unter der seit Jahrzehnten schlimmsten Hitzeglocke, und die Behörden warnen, dass der kleinste Funke katastrophale Folgen haben könne. Seit sechs Tagen liegen die Höchsttemperaturen über 39 Grad. Starke Winde können kleine Buschfeuer rasch in Flammenwalzen verwandeln. "Es wird wieder ein langer Tag", sagte der Chef der Feuerwehr des Bundesstaates New South Wales, Shane Fitzsimmons. "Alle Feuerwehrleute kennen die Risiken." Nach einer leichten Abkühlung am Mittwoch sollen die Temperaturen wieder steigen.

"Ihr habt ein Wunder vollbracht und so viele Menschen und Häuser beschützt", sagte Premierministerin Julia Gillard in einer Nachricht an die zumeist freiwilligen Helfer. Bislang wurden in der Krisenregion nur wenige Gebäude zerstört, und es gab bisher keine Berichte über Tote oder Schwerverletzte. Allerdings werden mehr als 100 Vermisste gesucht. Insgesamt sei das aber ein glimpflicher Verlauf im Vergleich zu den Buschbränden vor knapp vier Jahren. In der Region um Melbourne waren im Februar 2009 insgesamt 173 Menschen bei schweren Buschbränden gestorben. Etwa 2000 Häuser brannten damals nieder.

Aufregung gab es jedoch um drei Teenager. Sie hatten in einem Vorort von Sydney einen Brand gelegt, wurden aber auf Kaution wieder freigelassen. Premier Barry O'Farrell zeigte sich entrüstet: "Wir sollten diese Leute hierherbringen. Und sie sollen helfen, die Schafe notzuschlachten, die durch die Brände verletzt wurden. Denn wenn man das einmal macht, will man so etwas nie wieder sehen", sagte er während eines Besuchs in einem stark von den Bränden betroffenen Bezirk.

New South Wales hat inzwischen zahlreiche Nationalparks geschlossen. Das gilt für rund 800 Parkanlagen, teilten die Behörden mit. Besonders stark betroffen ist die Western Region mit den Northern Tablelands. Auch einige Parks an der South Coast seien zu.

Bilder und ein Video von der Feuerkatastrophe auf www.abendblatt.de/flammenmeer