Deutsche Polizistin organisiert Betriebskita in afghanischem Trainingscenter, damit auch junge Mütter Polizeiausbildung absolvieren können.

Masar-i-Scharif . Als die große blonde Polizistin die Bobby Cars vom Regal holt und auf die afghanischen Teppiche stellt, sind die Kinder kaum noch zu bändigen. Vergnügt springen sie auf die Plastikautos und rollen im Spielzimmer des Kindergartens herum. Wer es nicht hinters Lenkrad schafft, schiebt die anderen an. "Hier herrscht dann immer ein großes Verkehrschaos", freut sich Polizistin Claudia V. aus Münster. Die junge Frau, die aus Sicherheitsgründen nicht mit vollem Namen genannt werden soll, ist eine der deutschen Polizistinnen, die in einem Trainingscenter im Norden Afghanistans helfen, die Nationalpolizei des von Krieg gebeutelten Landes aufzubauen und auszubilden.

Doch um überhaupt afghanische Polizistinnen trainieren zu können, muss die Kinderbetreuung sichergestellt sein. Denn am Hindukusch müssen sich Frauen um die Kinder kümmern, Männer unterstützen sie dabei fast nie. "Die Frauen sind dankbar, weil sie Aufmerksamkeit nicht gewohnt sind, und wir versuchen, weibliche Probleme schnell zu lösen", berichtet die junge Deutsche.

Initiator für den Kindergarten war übrigens der Küchenchef des Trainingscenters. Er war es leid, dass seine weiblichen Angestellten häufig fehlten, weil die Betreuung der Kleinen neben der Arbeit schwierig war - also finanzierte er die Kosten für zwei Kindergärtnerinnen. Von der Kinderbetreuung profitieren nun auch die angehenden Polizistinnen und anderen Angestellten der Polizei wie Übersetzerinnen oder Trainerinnen.

Claudia V. kümmert sich ehrenamtlich mit einer Kollegin um die Organisation des Kindergartens. Eine Lehrerin bringt den Kindern das Abc und die Zahlen bei. "Die Kinder schnappen schnell ein paar Brocken Deutsch auf und freuen sich sehr, wenn ihnen etwas beigebracht wird", sagt sie. Mittlerweile sagen sie Danke und Tschüs - im Gegenzug hat die junge Deutsche die Begrüßungsrituale in der Landessprache Dari gelernt.

Das Gebäude wurde von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) finanziert, den Innenausbau leiteten die deutschen Polizisten in ihrer Freizeit. Auch das Spielzeug wie die Bobby Cars und die Ausstattung mit Möbeln haben die Deutschen gespendet. Dafür seien die Kinder total herzlich, lieb und offen zu ihnen. "Kinder halt", sagt die Polizistin. "Sie kennen noch keine Vorurteile." Nur der Kleinste mag ihre blonden Haare nicht.

Hauptamtlich trainiert die 29-Jährige die weiblichen und männlichen afghanischen Polizeischüler in den Fächern Management und Führungstechnik. "Die afghanischen Männer nehmen uns westliche Frauen eher als Neutrum wahr", sagt sie. "Mit denen haben wir keine Probleme." Bei Fächern wie Selbstverteidigung, Durchsuchung und Schießen dürfen allerdings nur Frauen andere Frauen ausbilden. "Dass Unverheiratete sich berühren, ist ein Tabu am Hindukusch", sagt sie.

Derzeit machen 1177 Männer und 21 Frauen den Grundlehrgang an der Polizeischule in Masar-i-Scharif, sagt Dietmar Langrock, der Chef der deutschen Polizeikräfte im Norden Afghanistans. Insgesamt hätten schon mehr als 4800 Rekruten die Lehrgänge durchlaufen: einfache Streifenpolizisten, Unteroffiziere und auch ein Teil der Offiziere werden hier ausgebildet. "34 Millionen Euro hat Deutschland seit 2008 bis Juni 2012 in die Infrastruktur der Schule investiert", sagt er. Nun verschiebe sich der Schwerpunkt von der reinen Ausbildung zum Mentoring der afghanischen Ausbilder.

"Die Frauen hier sind sehr motiviert, zielgerichtet und meist in der Theorie besser als die Männer", sagt Claudia V. Auch die afghanische Grenzpolizei hat mittlerweile gemerkt, dass es sehr hilfreich ist, Frauen in ihren Reihen zu haben - auch weil nur sie afghanische Frauen einer Leibesvisitation unterziehen dürfen. Deswegen haben die Grenzpolizisten nach dem Vorbild des Trainingscenters in Masar-i-Scharif einen eigenen Betriebskindergarten eröffnet.

"Es ist schön, mit Kindern und Frauen zu arbeiten, denn Afghanistan ist ein sehr männlich dominiertes Land", sagt Claudia V., die noch bis März 2013 in Afghanistan bleiben wird. "Hoffentlich haben die Kinder eine Chance auf eine friedliche und glückliche Zukunft", meint sie. "Dann war das Jahr in Afghanistan doppelt erfolgreich für mich."