Kristina Schröder plädiert für einen geschlechtsneutralen Gottesbegriff - und erntet mit dieser Feststellung Kritik und Häme von allen Seiten.

Berlin. "Der Mensch denkt sich Gott so, wie er ihn sich wünscht, aber Gott bleibt immer so, wie er ist." Das ist ein schöner und berühmter Satz von Franz von Assisi, dem es an Glauben und Gottvertrauen bekanntlich nicht gefehlt hat. Und im Prinzip hat die Bundesfamilienministerin natürlich recht, wenn sie meint, dass es nicht unbedingt "der Gott" heißen müsse, sondern dass man auch "das Gott" sagen könne.

Im Prinzip. Tatsächlich hat sich Kristina Schröder (35, CDU) mit dieser Feststellung allerdings von hinten durch die Brust ins rechte Auge geschossen. Seit das "Zeit"-Interview mit diesem und anderen Korrektur- beziehungsweise Zensurvorschlägen erschienen ist, sieht sie sich öffentlicher Häme ausgesetzt. "Wem nur ein geschlechtsneutraler Zugang zum Herrgott möglich erscheint, dem empfehle ich gerade in der Weihnachtszeit DAS Christkind", sagte der hessische CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch. Und Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) erklärte, "dieser verkopfte Quatsch" mache sie sprachlos.

Noch verheerender fiel der Kommentar des CSU-Innenexperten Stephan Mayer aus. Der meinte böse, "anstatt immer wieder völlig sinnlose Debatten anzuzetteln", solle die Ministerin "einfach mal ihre Arbeit machen"! Autsch. Nur Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte Frau Schröder. Gott ist nach Einschätzung der Bundesregierung nicht beleidigt, wenn er als "das Gott" angesprochen wird. "Wer an Gott glaubt, dem sind die Artikel egal."

Seit drei Jahren ist sie Familienministerin. Damals beerbte sie Ursula von der Leyen, was bestimmt nicht einfach war. Aber die meisten Frauen in der CDU fragten sich doch, ob es wirklich zeitgemäß war, das von Kristina Schröder vehement verteidigte Erziehungsgeld einzuführen. Viele Unions-Frauen finden auch, dass Schröders "Flexi-Quote" von gestern ist, weil sie die Machtteilung in den Vorstandsetagen deutscher Unternehmen nicht verbindlich macht. Den allgemeinen Eindruck, das intellektuelle Leichtgewicht im zweiten Kabinett Merkel zu sein, hat die Diplom-Soziologin aus Wiesbaden bis heute nicht zerstreuen können. Unvergessen ist auch, dass Alice Schwarzer der Ministerin ein Jahr nach ihrem Amtsantritt in einem offenen Brief schrieb: "Was immer die Motive der Kanzlerin gewesen sein mögen, ausgerechnet sie zur Frauen- und Familienministerin zu ernennen - die Kompetenz und Empathie für Frauen kann es nicht gewesen sein."

Nun, als Feministin wird man die Blondine, die von ihren Kommilitonen liebevoll "Pumps" genannt wurde, beim besten Willen nicht bezeichnen können. Die geborene Köhler hat ja nach ihrer Heirat mit dem CDU-Kollegen Ole Schröder nicht einmal auf einem Doppelnamen bestanden. Da hätte sie sich doch mal ein Beispiel an der Kollegin Heinen-Esser nehmen können. Oder an dem Kollegen Grosse-Brömer! Hat sie aber bekanntlich nicht, was Alice Schwarzer bei einer Familienministerin, die auch für die deutsche Frauenpolitik zuständig ist, zu Recht "verwirrend" fand.

Und jetzt das. Ausgerechnet Kristina Schröder greift die Debatte wieder auf, die Jahre vor ihrer Geburt für Aufregung gesorgt hat. Die Älteren unter uns haben ja Anfang der 70er-Jahre Mary Dalys Buch "Jenseits von Gottvater, Sohn & Co" gelesen. Mann, hat uns das damals in Fahrt gebracht! Jeder Satz eine Offenbarung! Besonders dieser: "So lange Gott ein Mann ist, ist das Männliche Gott." Das war sie, die aufregende, kämpferische Dialektik des Feminismus!

Tempi passati. Inzwischen ist eine Frau Bundeskanzlerin, und die Frage, ob Gott männlich oder weiblich ist, hat seit Ewigkeiten keinen interessiert. Auch die Frage, ob es "das Gott" heißen könnte, wäre zweifellos verpufft, wenn es nicht Kristina Schröder gewesen wäre, die sie aufgeworfen hätte. Diese junge Ministerin, die so alte, um nicht zu sagen verstaubte Standpunkte vertritt. Merkwürdigerweise wirkt es nicht mal modern, wenn diese Frau aus Gründen der politischen Korrektheit "Pippi Landstrumpf" zensiert. Da mache sie, wenn sie ihrer anderthalbjährigen Tochter Lotte Marie vorlese, aus einem "Negerkönig" einen "Südseekönig", hat Schröder der "Zeit" verraten. Na, hoffentlich erlebt sie kein blaues Wunder, wenn die Kleine irgendwann lesen kann! In der Gottesfrage hilft der Ministerin auf ihrem Erziehungsweg vielleicht weiter, was der belgische Theologe Paul Ceelen so formuliert hat: "Gott ist kein Roter, sagt ein Schwarzer. Gott ist kein Mann, sagt Alice Schwarzer. Vielleicht ist Gott eine grüne Negerin."