Ein Steuerprüfer behauptet, Sohn von Prinzessin Margaret zu sein. Den Nachweis soll ihr “versiegeltes“ Testament liefern

London. Robert Brown will es endlich wissen: Ist Königin Elizabeth II., 86, seine Tante? Der 57-Jährige hält sich für einen unehelichen Sohn der Queen-Schwester Prinzessin Margaret (1930-2002). Jahrzehnte der Nachforschung haben seinen Verdacht zur Überzeugung erhärtet. Nun ist er entschlossen, die Sache ein für alle Mal zu klären und bis zu 125 000 Euro an Rechtskosten dafür auszugeben. Gelingt ihm der Nachweis, steht ihm nicht nur ein Teil der 9,5 Millionen Euro zu, die Margaret bei ihrem Tod hinterließ, sondern auch Platz 15 in der Thronfolge - vor ihren beiden legitimen Kindern.

Als Vater vermutet Robert Brown einen ehemaligen Adjutanten der Queen

Der Junggeselle mit Dreiviertelglatze lebt als Buchprüfer auf der klimatisch wie steuerlich begünstigten Kanalinsel Jersey, die nicht zum Vereinigten Königreich gehört, sondern direkt der britischen Krone untersteht. Brown kam am 5. Januar 1955 zur Welt, die Geburt wurde jedoch erst am 2. Februar in Nairobi (Kenia) gemeldet. Die Geburtsurkunde datiert die Geburt auf den 4. Juni und nennt als Eltern den in der ostafrikanischen Kolonie stationierten britischen Armeeangehörigen Douglas Brown und seine Frau Cynthia, ein Topmodel des Hofschneiders Hardy Amies. Nach Browns These muss das Königshaus einen Deal mit dem Ehepaar ausgehandelt haben, um die 24-jährige Margaret vor einem Skandal zu schützen. Die Prinzessin war damals mit dem 16 Jahre älteren Queen-Adjutanten Peter Townsend verlobt. Weil der geschieden war, opponierten Winston Churchills Kabinett, die Regierungschefs des Commonwealth und die anglikanische Kirche (weltliches Oberhaupt: die Königin) so vehement gegen die Verbindung, dass Margaret im Oktober 1955 den Verzicht auf die Heirat bekannt gab.

In dem schneidigen Fliegeroberst Townsend, der 1995 an Magenkrebs starb, vermutet Brown seinen leiblichen Vater, schließt aber auch einen anderen Liebhaber nicht aus - den Jazzpianisten und Sinatra-Biografen Robin Douglas-Home. "Unsere Liebe ist durchweht vom leidenschaftlichen Duft frisch gemähten Grases und Lilien", schwärmte Margaret in einem Brief an den zwei Jahre jüngeren Adelsmann, der 1968 Selbstmord beging.

Da der Hof einen DNA-Abgleich mit Margarets Angehörigen verweigert und keiner der "Verdächtigen" mehr lebt, ist Brown bislang neben Erinnerungen und "Gefühlen" auf Indizienbeweise angewiesen. Dazu gehören eine Geheimsitzung des Kronrats am Tag seiner Geburt, Veränderungen in Margarets Erscheinung, ihre angebliche Erkrankung um die Jahreswende 1954/55 und ein mysteriöser Nairobi-Besuch im Oktober 1956. "Ich erinnere mich an eine Frau", erzählt Brown, "die mit mir spielte und sagte: ,Du musst dich immer vorbildlich benehmen, denn du könntest einmal König von England werden.' Es gibt auch ein Bild von mir in einem Auto, das sie aufgenommen hat."

Brown hat Fotos der für ihre Wespentaille berühmten Queen-Schwester verglichen: "Im Mai 54 konnte man ihre Taille noch mit zwei Händen umspannen, und sie kleidete sich figurbetont. Im Laufe des Jahres wurden ihre Kleider und Mäntel immer weiter und loser, sodass sich eine Schwangerschaft verbergen ließ." Angeblich schickte der Palast sogar Margaret-Doubles auf öffentliche Termine. Schließlich verschwand sie ganz von der Bildfläche. "Zum Zeitpunkt meiner Geburt hieß es plötzlich, sie sei ,mit schwerem Husten' bettlägerig. Danach wurde sie ganz kurzfristig in die Karibik geschickt." Brown hält es für möglich, dass die Prinzessin auf dem Queen-Gut Sandringham in Ostengland entbunden und das Neugeborene Tage später nach Kenia geflogen wurde.

Eine Londoner Kanzlei will Einblick in Prinzessin Margarets Letzten Willen

Jetzt setzt "Margarets heimlicher Sohn", der sich von den beurkundeten Eltern stets als Stiefkind behandelt fühlte, seine Hoffnung auf den Letzten Willen der Prinzessin und das unter Labour in Kraft getretene Gesetz für Informationsfreiheit. Juristen der Londoner Menschenrechtskanzlei Christian Khan sollen ihm Einblick in Margarets Testament erkämpfen, das auf Veranlassung der Queen und ohne Wissen von Parlament und Öffentlichkeit "versiegelt" - d. h. praktisch zum Staatsgeheimnis erklärt - worden ist. Hofanwälte tun die Klageankündigung als Drohung eines "besessenen Fantasten" ab. Doch Brown gelobt: "Aufgeben kommt nicht infrage. Ich kann verstehen, dass die Leute skeptisch sind, weil ihnen das alles vorkommt wie Kinderfantasien. Aber es will mir nicht aus dem Kopf, dass ich recht habe. Und es steht mir zu, endlich zu erfahren, wer meine wahre Mutter ist."

Ein Sieg Browns könnte auch zum Präzedenzfall für den in England lebenden Günther Focke, 66, aus Vremen (bei Bremen) werden. Er ist überzeugt, dass der Queen-Gemahl Prinz Philip, 91, sein Vater ist. Auch er ist mit seinem Ersuchen um einen DNA-Test beim Hof abgeblitzt.