Truthahn gehört bei dieser Feier unbedingt auf den Tisch. Auch im Weißen Haus feiert die „First Family“, dazu gibt es ein besonderes Ritual.

Washington. Für Amerikaner ist es der wichtigste Festtag des Jahres. „Thanksgiving“, das Erntedankfest, führt alljährlich am vierten Donnerstag im November Millionen Menschen im ganzen Land zusammen. Schon Tage zuvor herrscht auf Flughäfen und auf Bahnhöfen Hochbetrieb. Wer irgend kann, fährt zur Familie, wo das große Festmahl wartet. Auch im Weißen Haus feiert die „First Family“ den Tag – nicht ohne eine Prise Humor.

Wie jedes Jahr sollte Präsident Barack Obama auch an diesem Mittwoch vor Thanksgiving wieder Truthähne vor der Bratröhre bewahren. Alljährlich feiert der Präsident mit spitzbübischer Miene vor laufenden Kameras die „Begnadigung“ des Federviehs. Seit mehr als 20 Jahren gibt es dieses Ritual schon, eingeführt hat es seinerzeit George Bush Senior – es ist eine der witzigsten Zeremonien, die das Weiße Haus zu bieten hat.

Die humorvolle Einlage wird im Rosengarten des Weißen Hauses in Szene gesetzt. In seiner ersten Amtszeit rettete Obama fünf Truthähne vor dem Tod. Die Vögel sind bei der Zeremonie, die landesweit ausgestrahlt wird, anwesend. Feierlich erhebt der Präsident dann seine Stimme. „In letzter Zeit habe ich eine Reihe von Maßnahmen erlassen, die keine Genehmigung durch den Kongress benötigten. Nun, hier ist eine weitere“, sagte er vor einem Jahr in Anspielung auf die politischen Querelen in Washington.

Der „mächtigste Mann der Welt“ spricht die Truthähne sogar persönlich an. „Liberty“ und „Peace“ hießen sie vor einem Jahr - „Freiheit“ und „Frieden“. Dieses Jahr tragen sie die Namen „Cobbler“ und „Gobbler“. Die Geretteten erwartet ein schönes Leben in hochherrschaftlicher Umgebung: Sie dürfen ihren Ruhestand in Mount Vernon (Virginia), auf dem einstigen Anwesen des ersten Präsidenten der USA, George Washington, verbringen. Damit ergeht es ihnen besser als 45 Millionen anderen Truthähnen – so viele enden nämlich schätzungsweise jedes Jahr an Thanksgiving als Festtagsbraten.

Thanksgiving wird in den USA traditionsgemäß in großer Runde begangen. Dabei werden neben dem Klassiker – Truthahn aus dem Ofen - auch zahlreiche Beilagen, Desserts und Kuchen aufgetischt. Präsident Obama hat für den Tag keine Termine angenommen, um bei seiner Familie zu sein. Viele Amerikaner nehmen auch den Freitag nach Thanksgiving für ein verlängertes Wochenende frei.

Nach dem Festtag ist vor dem Festtag: Der Einzelhandel feiert den Freitag nach Thanksgiving auf seine Weise: An „Black Friday“, wie der Tag aus unbekannten Gründen heißt, schlägt die Stunde der Schnäppchenjäger. Riesen-Rabatte locken die Kunden in die Geschäfte, manche öffnen extra schon um fünf Uhr morgens. Der Tag ist der Startschuss fürs Weihnachtsgeschäft – nach Thanksgiving wird die Dekoration den kommenden Feiertagen im Dezember angepasst.