Ermittler schließen Selbstmord als Motiv aus – Baden-Württemberg verschärft Sicherheitsvorkehrungen an Autobahnen .

Offenburg. Der Geisterfahrer, der einen Unfall mit sechs Toten auf der Autobahn 5 bei Offenburg verursacht hat, war möglicherweise betrunken. Es könne nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden, dass der Fahrer unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen Drogen stand, teilte die Polizei am Montag in Offenburg mit. Dass der 20-Jährige seinen Wagen auf die Gegenfahrbahn lenkte, um Selbstmord zu begehen, schließt die Polizei weitgehend aus. Erste Ermittlungen ließen darauf keine Rückschlüsse zu.

Der junge Mann war am Sonntagmorgen vermutlich bei Lahr in die falsche Richtung auf die Autobahn 5 aufgefahren. Bei Offenburg kollidierte er frontal mit einem entgegenkommenden Mini-Van. Alle fünf Insassen und der Unfallverursacher kamen ums Leben. Ihre Leichname werden obduziert, wie ein Sprecher sagte. Wann die Ergebnisse vorliegen, steht noch nicht fest.

Zur Klärung der Unfallursache hat die Offenburger Polizei auch eine achtköpfige Ermittlungsgruppe eingesetzt. Mittlerweile könnten die Spezialisten der Autobahnpolizei die letzten Stunden im Leben des Unfallverursachers „minutiös nachvollziehen“, hieß es. Laut Zeugenaussagen habe der 20-Jährige den Abend bis in die Morgenstunden mit Bekannten in verschiedenen Lokalen zugebracht, führte der Sprecher an. Dies spreche ebenfalls gegen die zunächst angenommene Vermutung, der junge Mann habe mit dem Unfall Suizid begangen.

Pfeile auf Auffahrten sollen Fahrer warnen

Bei dem mit fünf Personen besetzten Mini-Van handelte es sich neuesten Erkenntnissen zufolge um das Fahrzeug eines Personentransportunternehmens aus Offenburg. Eine 37 Jahre alte Ersthelferin, die von einem Auto angefahren wurde, ist mittlerweile außer Lebensgefahr. Sie sollte noch am Montag von Beamten der Ermittlungsgruppe zum Unfallhergang befragt werden.

Als Konsequenz aus dem Unfall bei Offenburg hat Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen an den Autobahnen im Land angeordnet. Sein Ressort werde einen Erlass herausgeben, wonach die Regierungspräsidien bis Ende Juni 2013, dafür sorgen müssten, dass auf allen Autobahnausfahrten deutlich sichtbare Pfeilmarkierungen auf der Fahrbahn angebracht werden, teilte Hermann mit. Durch sie sollen Autofahrer erkennen, wenn sie in der falschen Richtung unterwegs sind.

Außerdem sollen die vier Regierungspräsidien bis Anfang Dezember prüfen, ob an allen Autobahnausfahrten und Rastanlagen im Land jeweils zwei Einfahrt-Verboten-Schilder davor warnen sollen, in der falschen Richtung auf die Autobahn zu fahren. Diese doppelte Beschilderung ist in Baden-Württemberg vorgeschrieben.

In den vergangenen Wochen haben Falschfahrer bundesweit mehrere Unfälle verursacht. Laut Auto Club Europa (ACE) hat die Zahl der Falschfahrer aber nicht zugenommen. Der Auto Club verweist dazu auf eine Auskunft des Bundesverkehrsministeriums, wonach jährlich konstant etwa 1.700 Falschfahrer registriert werden. Die meisten Verkehrsgefährdungen dieser Art gingen glücklicherweise glimpflich aus, sagte ein Sprecher.

Lastwagenfahrer fuhr in die falsche Richtung

Nach Ansicht der ACE-Verkehrssicherheitsexperten ist nicht auszuschließen, dass aufgrund eingeschränkter Sicht etwa wegen Nebels, Fahrer auf die falsche Spur geraten. Auch in Offenburg herrschte zum Unfallzeitpunkt teils Nebel. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes kam es 2011 bundesweit zu mehr als 700 Verkehrsunfällen, die durch Nebel verursacht wurden und bei denen Personenschäden zu verzeichnen waren.

Möglicherweise wegen Nebels ist am Montagmorgen ein Lastwagenfahrer in falscher Richtung auf die Bundesstraße 464 bei Böblingen südwestlich von Stuttgart aufgefahren. Ein 55-jähriger Autofahrer konnte noch rechtzeitig ausweichen, als ihm auf der vierspurigen Bundesstraße der Lkw entgegen kam, wie die Polizei mitteile. Ein Streifenwagen stoppte den Lastwagenfahrer, der seinen Fehler bereits bemerkt und gewendet hatte.