Die Suche nach Mirco aus Grefrath beschäftigte die Republik. Nun hat der Chefermittler ein Buch mit politischer Sprengkraft geschrieben.

Grefrath. Es begann mit einem Anruf und den Worten eines Polizisten: „Wir haben da 'nen Jungen weg“. Der Fall Mirco begann Anfang September 2010 und beschäftigte das ganze Land. Bis zu 1000 Polizisten durchkämmten eine Region am Niederrhein nach dem Zehnjährigen, Tornado-Jets wurden entsandt und bundesweit wurden Besitzer eines sehr geläufigen VW-Kombis erfasst und überprüft. Nach den Eltern des Jungen hat nun auch Chefermittler Ingo Thiel ein Buch über den Fall geschrieben. Es zeigt, wie die Handy-Daten des Mörders zum Durchbruch führten.

In 133 Tage währender Kleinarbeit hatten die Ermittler 240.000 Mobilfunkdaten mit der rekonstruierten Fahrtroute des Täters abgeglichen. Dabei hatte sich herauskristallisiert, dass nur ein Mobiltelefon zur Tatzeit mit seinem Besitzer diesen Weg genommen und sich von Funktmast zu Funkmast eingeloggt hatte: „Die Spur eines Handys, das sich genau an die Route des Entführers schmiegt.“ Eine Inhaberabfrage mit richterlichem Beschluss hatte die Ermittler schließlich zum inzwischen rechtskräftig verurteilten Mörder geführt.

Die Schilderung ist politisch brisant, weil das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Speicherung dieser Daten ein halbes Jahr vor dem Verschwinden des Jungen für verfassungswidrig erklärt hatte. Seitdem ist die Vorratsdatenspeicherung politisch blockiert, obwohl die Verfassungsrichter keine grundsätzlichen Bedenken haben.

Die Telekom löscht die Daten seither deutlich schneller. Waren es früher 180 Tage, sind es inzwischen nur noch sieben Tage. Nach dem Verschwinden Mircos waren es noch 30 Tage.

Von Mircos Handy hatten die Ermittler zu ihrem Ärger gar keine Funkmastdaten erhalten. Es war bei einer anderen Mobilfunkgesellschaft unter Vertrag. Der Fall wäre möglicherweise deutlich schneller aufgeklärt worden, wenn sie zur Verfügung gestanden hätten. „Es ist zur Glücksache geworden, ob wir diese Daten erhalten“, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Die Auswertung im Fall Mirco sei aber legal gewesen, betonte er.

Die bis zu 80-köpfige Sonderkommission hatte fast 10.000 Spuren verfolgt, tausende Autos auf Faserspuren untersucht. Eine „Aufklärungsmaschine“ mit diversen Experten war am Werk.

Im Januar 2011 hatten die Ermittler nach 145 Tagen den Kindermörder aus einem schmucken Einfamilienhaus in Schwalmtal zur Vernehmung abgeholt. Er gestand und führte die Ermittler zur Leiche. Auch DNA- und Faseranalysen zeigten nun Übereinstimmung mit den Spuren. Richter schickten ihn lebenslänglich hinter Gitter. Das Urteil ist rechtskräftig.