Anlass war das Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung auf der Frühchenstation der Charité. Noch keine Ergebnisse.

Berlin. Das Anfang Oktober in einem Berliner Krankenhaus verstorbene Baby ist am Montag exhumiert und anschließend obduziert worden. Dem ging eine entsprechende Anordnung des Ermittlungsrichters am Amtsgericht Tiergarten voraus, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Anlass ist das Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung im Zusammenhang mit dem Darmkeimbefall auf der Frühchenstation der Charité. Ergebnisse lagen bis zum Montagabend noch nicht vor. Die Eltern des Kindes hatten sich nach dem Tod gegen eine Öffnung des Leichnams ausgesprochen.

Unterdessen forderten die Wissenschaftsverwaltung und auch das Universitätsklinikum eine Versachlichung der Debatte. Der Charité wird vor allem mangelhafte Informationspolitik hinsichtlich des verstorbenen Babys, aber auch zur Infektionswelle vorgeworfen.

Nach bisherigen Erkenntnissen und nach Aussagen von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) vom Montag war das kleine Kind nicht wie vermutet an Serratien-Keimen direkt gestorben, sondern vielmehr an den Folgen einer Operation im Deutschen Herzzentrum Berlin und an einer Sepsis.

Die aktuelle Situation der von der Infektion betroffenen Kinder war hingegen von Entspannung gekennzeichnet. Laut Charité haben alle das Wochenende gut überstanden. Sechs von einer invasiven Infektion Betroffene seien stabil. Die übrigen sechs Kinder seien von einer „Besiedlung“ betroffen. Alle würden weiterhin intensiv beobachtet. Es seien keine neuen Fälle aufgetreten, hieß es am Nachmittag.

Am Vormittag hatten die Vorfälle zu einer intensiven Debatte im Abgeordnetenhaus geführt. Mehrere Parlamentarier wie der Sozialdemokrat Thomas Isenberg beklagten das „Kommunikationsdesaster“ der vergangenen Tage. Der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, räumte zwar Defizite bei der Informationspolitik ein, stellte sich aber zugleich vor die Mitarbeiter der Stationen für Frühchen und Neugeborene.

Mediziner und Personal sind verunsichert

Frei sagte vor dem Ausschuss: „Die Mitarbeiter brauchen wieder Signale, ihre Arbeit ist wichtig.“ Sonst fürchte er, dass sich eine „etwas defensivere Haltung“ beim Umgang mit Risiken entwickele. Bei der Behandlung von Frühchen bewegten sich Personal und Ärzte in einem Grenzbereich der Medizin, möglicherweise auch der Ethik. Insofern habe „das Anrücken“ von Staatsanwaltschaft und Mordkommission zu allergrößter Verunsicherung geführt. Die Diskussion müsse nun vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Zugleich bat der Professor um eine Beachtung der Diagnostikdauer: Für den Nachweis von Serratien seien vier bis acht Tage vonnöten. Im Übrigen aber wäre beim ersten Bekanntwerden eines Keimes am 8. Oktober sofort das Gesundheitsamt und die zuständige Amtsärztin informiert worden. Bei 35 Kindern wie auch bei dem Personal seien Abstriche genommen worden. Zuvor habe es Anfang Juli einen durch eine Mutter eingeschleppten Serratien-Fall gegeben, dann nochmals eine Woche später. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass Serratien-Ausbrüche auf Frühchenstationen nicht selten seien.

Wie Frei nahm auch Wissenschaftsstaatssekretär Knut Nevermann Ärzte und Personal in Schutz. Die Verunsicherung unter ihnen habe Ausmaße angenommen, die angesichts der „Höchstleistungsmedizin“, die dort betrieben werde, nicht verständlich seien. Vor diesem Hintergrund stufte er das Auftreten einer Mordkommission im Klinikum als „deplatziert“ ein. „Dafür ist überhaupt kein Grund gewesen.“

Nevermann zeigte sich sicher: „Die Charité hat seitdem auf medizinischem Gebiet alles richtig gemacht. Es hat die Kinder isoliert beziehungsweise – wenn notwendig – operiert.“ Das fragliche Baby sei mit offener Brust, angeschlossen an eine Herz-Lungen-Maschine, gestorben. Die Eltern seien zugegen gewesen. Seiner Ansicht nach wird „nie“ geklärt werden können, welchen Anteil am Tod des Kindes Serratien hatten.