Nach dem Tod eines mit Darmkeimen infizierten Babys in einem Berliner Krankenhaus hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Berlin. Nach dem Tod eines mit Darmkeimen infizierten Babys in einem Berliner Krankenhaus hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Ermittelt wird gegen unbekannt wegen fahrlässiger Tötung, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Montag sagte. Geklärt werden solle, wie der nachgewiesene Darmkeim in das Krankenhaus kommen konnte. Zugleich ist unter Experten eine Debatte über Hygienestandards und Personalstärke in Krankenhäusern entbrannt.

Das herzkranke Neugeborene war auf einer Frühchenstation der Berliner Charité versorgt und von dort zu einer Operation ins Deutsche Herzzentrum verlegt worden. Nach dem erfolgreichen Eingriff starb es „zwischen dem 8. und 12. Oktober“ an Blutvergiftung, wie die Charité am Sonnabend bekannt gab. Man stellte eine Infektion mit Bakterien namens Serratien fest.

Eine Häufung von Serratien war am 8. Oktober am Campus Virchow der Charité festgestellt worden. Bei sieben Frühchen wurde eine Infektion mit diesen Darmkeimen diagnostiziert. Ihr Zustand wurde als stabil bezeichnet, einigen gehe es deutlich besser, teilte das Klinikum am Montag mit. Am Wochenende war jedoch eines der Frühchen in Lebensgefahr geraten. „Der Zustand des Babys ist sehr besorgniserregend“, wurde die Sprecherin der Charité, Stefanie Winde, in der „Berliner Morgenpost“ und der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe) zitiert. Danach wurde aber eine Besserung diagnostiziert, und das Baby war außer Lebensgefahr, wie Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) am Montag mitteilte.

Bei weiteren 16 (zunächst war von 15 die Rede gewesen) frühgeborenen Babys wurde der Keim nachgewiesen, ohne dass es zu einer Erkrankung kam.

Badeschaum wird untersucht

Wie es zu der Infektion kommen konnte, ist noch nicht geklärt. Derzeit werde jeder „Stein“ auf den betreffenden beiden Stationen gewendet, sämtliche Vorgänge überprüft und mit den Mitarbeitern gesprochen. Nach Angaben Czajas wird auch ein Babybadeschaum untersucht, ob es eventuell Übereinstimmungen mit Proben von den betroffenen Stationen der Charité gebe. Das Robert-Koch-Institut (RKI) unterstützt die Charité bei der Suche nach der Infektionsquelle. Erstmals in diesem Jahr war der Keim im Juli bei einem Frühchen in der Charité nachgewiesen worden. Das Kind sei behandelt worden und inzwischen gesund, hieß es.

Serratien gehören nach Angaben der Klinikums bei vielen Menschen zur Darmflora und sind mit Antibiotika gut behandelbar. Bei Patienten mit eingeschränkter Immunabwehr und bei extrem unreifen Frühgeborenen oder schwerstkranken Neugeborenen könnten sie allerdings Infektionen verursachen.

Der Hygiene-Experte Klaus-Dieter Zastrow macht Klinikmitarbeiter für den Tod des Babys verantwortlich. „Nur das Personal konnte die Bakterien auf die Neugeborenenstation bringen. Da müssen einige Mitarbeiter die Hygieneregeln nicht beachtet haben“, sagte der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. „Wenn Mitarbeiter entdeckt werden, die die Hygieneregeln nicht beachten, sollten diese entlassen werden“, forderte Zastrow.

Der Präsident der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Egbert Herting, plädierte dafür, mehr Mitarbeiter einzustellen. Eine Krankenschwester sollte nach Möglichkeit nicht mehr als zwei kranke Frühgeborene betreuen.

Der Direktor des Instituts für Biologische Sicherheitsforschung in Halle, Alexander S. Kekulé, stellte im Deutschlandradio Kultur die Frage, ob Eltern weiterhin auf Intensivstationen für Neugeborene dürften. Der Hygienestandard in den Kliniken sei viel besser als früher.

Nach Ansicht des Patientenvertreters im Gemeinsamen Bundesausschuss, Dietrich Trenner, sind fehlendes Personal und mangelndes Bewusstsein für Hygiene zwei der wesentlichen Gründe für Keiminfektionen in Krankenhäusern. Dem Deutschlandradio Kultur sagte er, es sei zu vermuten, dass der Arbeitsdruck hoch sei und die Arbeit insgesamt hastig erledigt werde.

Die Geschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Nordost, Anja Kistler, kritisierte generell: „Politik und Kassen nehmen offenbar billigend in Kauf, dass notwendige Standards, auch in der Hygiene, aufgrund von Arbeitsverdichtung und Zeitdruck nicht immer erfüllt werden können.“