Zeitversetzte Hochzeiten liegen im Trend. Nicht alle warten so lange wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Mann Udo.

Düsseldorf/Hamburg. "Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß", mit diesem Hit sang sich Roy Black 1966 in die Herzen seiner Fans. Ganz ohne Blumenstrauß, aber im weißen Brautkleid hat Hannelore Kraft, 51, ihren Mann Udo, 52, zwei Jahrzehnte nach der standesamtlichen Trauung jetzt auch kirchlich geheiratet.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin verkündete gestern über Twitter: "Was für ein wundervoller Tag! Nach 20 Jahren noch mal ,JA'!" Als Beweis postete die SPD-Politikerin ein Foto, das auch bei Facebook zu sehen ist: Es zeigt sie mit wehendem Schleier an der Seite ihres Ehemannes. Der Elektroinstallateur trägt einen dunklen Anzug mit Fliege und Ansteckblumen. Der eher verdörrte Hintergrund erinnert an eine Dünenlandschaft in Südeuropa. "Wir halten unser Glück einfach fest", freute sich Kraft. Wo genau die Trauung stattgefunden hat, wurde nicht bekannt. Nur dass das Paar im engsten Freundes- und Familienkreis feierte.

Die beliebte SPD-Politikerin - sie ist aus der katholischen Kirche ausgetreten und mittlerweile evangelisch - hatte schon vier Tage nach ihrem Wahlsieg am 13. Mai in Nordrhein-Westfalen angekündigt, dass sie noch in diesem Jahr kirchlich heiraten will. In der "Bunten" sagte sie: "Am Anfang unserer Ehe haben wir uns gesagt, wir versuchen es zu schaffen, zusammenzubleiben, bis unser Junge groß ist. Dann verhandeln wir noch mal." Auch bei "Wetten, dass ..?" am vergangenen Sonnabend erzählte sie von diesem Plan. Warum Kraft sich zu diesem Schritt entschieden hat, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht dürfte es ihr als Spitzenpolitikerin ganz gelegen kommen, ihre menschliche Seite zu zeigen, um so Wählerstimmen zu gewinnen.

Hannelore Külzhammer hatte ihren späteren Mann schon früh kennengelernt. "Udo wuchs in der Nachbarschaft von uns auf, aber so richtig gekannt haben wir uns damals nicht. Ich bin mir allerdings recht sicher, dass er mir damals auf dem Schulweg immer Juckpulver in den Rücken gesteckt hat." Karneval 1992 hatten sie sich in einem Weinlokal wiedergetroffen. "Dass eine Karnevalsbeziehung so lange hält - wer hätte das gedacht?" Bei der standesamtlichen Hochzeit im Juli 1992 war sie schwanger und wollte in diesem Zustand nicht kirchlich im weißen Kleid heiraten.

Ist es üblich, dass sich Paare Jahre nach der standesamtlichen Trauung noch einmal ihrer Liebe durch den Segen der Kirche versichern? Bei der katholischen Kirche in Hamburg beobachtet man diesen Trend bereits seit gut zehn Jahren. "Früher war es üblich, standesamtliche und kirchliche Trauung auf einen oder zwei Tage zu legen", sagt Manfred Nielen vom Erzbistum Hamburg. "Heute liegen oft Monate, auch mal ein oder zwei Jahre dazwischen." 20 Jahre seien jedoch die absolute Seltenheit. Der Grund, nach längerer Ehe noch einmal kirchlich zu heiraten, könnte in der Dynamik der Beziehung liegen. "In einer langen Gemeinschaft stehen zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Aspekte im Vordergrund", sagt Nielen.

Eine kirchliche Trauung nach mehreren Ehejahren sei eine Bekräftigung der Beziehung, sagt Remmer Koch vom Kirchenkreis Hamburg-Ost. Pastor Martin Hoerschelmann von St. Johannis-Eppendorf: "Es sind nicht besonders viele Ehepaare, die sich nach derart langer Zeit auch eine kirchliche Trauung wünschen. Aber wenn Mann und Frau sich vor Gott, vor der Gemeinde und oft auch vor den Kindern zueinander bekennen, dann ist das immer eine sehr bewusste Entscheidung und von tieferer Bedeutung."