Nach der Entgleisung müssen die Fahrgäste in Berlin längere Fahrzeiten einplanen. Derweil haben die Ermittlungen über die Unfallursache begonnen.

Berlin. Nach dem S-Bahn-Unfall in Berlin laufen Ursachenforschung und Aufräumarbeiten weiter. Der erste entgleiste Wagen sei in der Nacht wieder auf das Gleis gehoben worden, sagte ein S-Bahn-Sprecher am Mittwoch. Der zweite Wagen solle bis zum Mittag von der Unglücksstelle entfernt werden. Erst dann könne die S-Bahn einschätzen, wie stark die Gleise beschädigt seien und wie lange die Strecke gesperrt bleiben müsse.

Ein Zug der Linie S 25 war am Dienstag an einer Weiche nahe dem S-Bahnhof Tegel entgleist. Fünf Passagiere wurden leicht verletzt, auch der Zugführer musste behandelt werden.

Die genaue Ursache des Unfalls sei weiter unklar, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Fest stehe, dass die Bahn zum Unglückszeitpunkt über eine Weiche gefahren sei. Ob diese den Unfall auch ausgelöst habe, sei noch nicht bekannt. Sowohl technisches wie menschliches Versagen werde geprüft.

Der Unfall ereignete sich um 11.43 Uhr. Der Zug der S-Bahn-Linie 25 war zwischen den Bahnhöfen Tegel und Schulzendorf in Höhe Gorkistraße unterwegs, als er entgleiste. Zwei der sechs Wagen seien komplett aus den Schienen gesprungen, sagte der Sprecher. Sie blieben schließlich stark zur Seite geneigt stehen. Die Wagen fünf und sechs wurden unterdessen auf ein benachbartes Gütergleis geschoben. In der Folge musste der S-Bahn-Verkehr auf der Strecke unterbrochen werden.

Den Angaben zufolge befanden sich rund 150 Rettungskräfte der Feuerwehr am Unfallort. Daneben waren auch Kräfte der Bundes- und der Landespolizei im Einsatz. Verkehrssenator Michael Müller (SPD) machte sich am Nachmittag noch selber ein Bild von der Lage. In der Bahn saßen rund 50 Fahrgäste. Die Passagiere hätten großes Glück gehabt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Auch ein Bahnsprecher zeigte sich erleichtert. Insgesamt sei das Unglück „glimpflich“ ausgegangen.

Einer ersten Vermutung zufolge könnte eine defekte Weiche der Grund für den Unfall sein. Nach dem Bahnhof Tegel wird die Strecke eingleisig. Es sei durchaus möglich, dass die Weiche sich nicht richtig umgestellt habe, sagte ein Bahnsprecher. Einen Sabotageakt schloss derweil ein Polizeisprecher als Ursache aus. „Es ist unwahrscheinlich, dass ein Dritter die Weiche manipuliert hat“, sagte er. Ende des vergangenen Jahres hatte es mehrere Anschläge auf Bahnanlagen in Berlin und Brandenburg gegeben.

Ob aber für das neue Unglück auch die Folgen eines Blitzeinschlages verantwortlich sein könnten, soll laut einem Bahnsprecher ebenfalls geprüft werden. Einen Tag zuvor hatte es im Stellwerk Tegel einen Blitzeinschlag gegeben, weshalb die Strecke bereits für mehrere Stunden gesperrt werden musste.

Beim Eisenbahnbundesamt wollte man sich zu den Überlegungen möglicher Unfallursachen zunächst nicht äußern. Die Untersuchungen hätten erst begonnen, sagte eine Sprecherin. Experten der Eisenbahnunfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) würden den Unglückshergang nun genau überprüfen. Dabei müssten neben dem kaputten Fahrzeug die gesamte technische Infrastruktur sowie die Betriebsabläufe gecheckt werden. Über die Dauer der Ermittlungen konnte die Sprecherin keine Angaben machen.

Die Berliner S-Bahn kämpft seit Jahren mit massiven technischen Problemen ihrer Flotte. Seit Mai 2009 erfolgt der Betrieb nur eingeschränkt. Seither ist die Krise des zur Deutschen Bahn gehörenden Unternehmens ein Dauerthema in Berlin. Dennoch sind die rot-gelben Züge der S-Bahn ein wichtiges Verkehrsmittel in der Hauptstadt. Befördert werden nach Unternehmensangaben an Werktagen bis zu 1,3 Millionen Fahrgäste.

Vor diesem Hintergrund forderte die Bundestagsabgeordnete der Linken, Sabine Leidig, eine gründliche Aufarbeitung des Unglücks. Das Management der Deutschen Bahn AG habe noch nicht ausreichend Konsequenzen aus der S-Bahn-Krise gezogen, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. Eine defekte Weiche als mögliche Unfallursache deute daraufhin, dass nunmehr auch eine „mangelhafte Infrastruktur unfallgefährdend wirkt“.

Mit Material von dpa und dapd