Holländer plant für 2023 eine bemannte Mission zum Roten Planeten. Vier Menschen sollen dort dauerhaft leben

Hamburg. Der holländische Unternehmer Bas Landsdorp hat einen Traum. Schon 2023 sollen vier Menschen auf dem Mars landen und dort eine Kolonie gründen. Die Technik sei im Wesentlichen bereits vorhanden.

Auf dem Papier steht der Ablauf seines Projekts "Mars One" schon fest. 2016: Ein unbemanntes Versorgungsschiff fliegt zum Mars, setzt Lebensmittel und andere lebensnotwenige Dinge auf der Oberfläche ab und dient später als Unterkunft. 2018: Ein Roboter-Farzeug landet an derselben Stelle. Es unterstützt die Astronauten später bei vielen Arbeiten. 2021: Zwei weitere Wohneinheiten mit Lebenserhaltungssystemen und ein Rover kommen hinzu. Außerdem müssen zwei Satelliten den Mars umkreisen, über die die Astronauten ständig Kontakt mit der Erde halten können. Erst wenn in der Station alle Lebenserhaltungssysteme fehlerfrei laufen, machen sich am 14. September 2022 vier Mars-Siedler auf den Weg und werden ein Jahr später als erste Menschen den Boden des Roten Planeten betreten. Von da an wird alle zwei Jahre eine vierköpfige Crew folgen.

Im Moment ist Landsdorp auf der Suche nach Investoren. Sollte der Mars-Flug tatsächlich zustande kommen, will er ihn über eine im Raumfahrtbereich ganz neue Schiene finanzieren: Fernsehrechte. Die diesjährigen Olympischen Spiele haben mehr als fünf Milliarden Dollar an TV-Rechten eingespielt. Es sollte also ein Leichtes sein, so Landsdorp, mit Live-Übertragungen vom Mars-Flug und dem Alltagsleben der Siedler mindestens ebenso viel Geld einsammeln zu können: "Big Brother" auf dem Mars gewissermaßen. Schon vor 20 Jahren schätzten Experten die Kosten für eine bemannte Mars-Mission auf 500 Milliarden US-Dollar, wobei der Rückflug am teuersten käme.

Landsdorp hat wegen der Technik schon Kontakt zu vielen Raumfahrtunternehmen aufgenommen, um sich über die Möglichkeiten zu informieren. Eine der ersten Adressen ist die von dem Milliardär Elon Musk gegründete Firma Space X. Sie hat ein Raumfahrzeug namens Dragon entwickelt, das erst kürzlich automatisch die Internationale Raumstation angeflogen und mit Verpflegung versorgt hat. Zurzeit wird die Dragon zu einem Raumschiff weiterentwickelt, das bis zu sieben Astronauten und Fracht zur ISS transportieren soll. Landsdorp meint, dass sich dieses Fahrzeug in leicht abgewandelter Form auch für eine Mars-Reise mit Landung eignen wird. Das Problem: Der Flug zur ISS dauert ein oder zwei Tage (sie fliegt in einer Höhe von 350 Kilometern über der Erdoberfläche). Die Reise zum Mars dauert knapp ein Jahr (die Entfernung schwankt zwischen 56 und 401 Millionen Kilometern).

Außerdem benötigt Landsdorp eine leistungsstarke Rakete, die für wenig Geld tonnenschwere Lasten ins All hebt. Auch hier soll Space X mit seiner in der Entwicklung befindlichen Schwerlastrakete Falcon Heavy die Lösung sein. Ob die allerdings bis 2016 einsatzbereit sein wird, ist ungewiss. Selbst wenn sich das Transportproblem lösen ließe, bleiben noch sehr viele Fragen offen. Wie schützen sich die Astronauten beispielsweise vor der kosmischen Strahlung, die bei Sonnenausbrüchen besonders intensiv wird und Krebs verursachen kann? Landsdorp sagt, russische Kosmonauten hätten in der Raumstation Mir mehr als ein Jahr verbracht, ohne Folgeschäden davonzutragen. Hierbei vergisst er allerdings, dass die Mir innerhalb des schützenden Erdmagnetfeldes unseren Planeten umkreist hat, während der Flug zum Mars durch den freien interplanetaren Raum führt.

Der kritischste Part des gesamten Unternehmens ist aber vielleicht das Leben auf dem Mars. In den kleinen Raumschiffen werden die Mars-Pioniere nicht dahinvegetieren wollen. Deswegen schickt Landsdorp aufblasbare Wohneinheiten voraus, sodass jeder Astronaut nach der Landung ein 50 Quadratmeter großes Eigenheim beziehen kann. Das Unternehmen ILC Dover entwickelt schon seit der Apollo-Ära Raumanzüge und "Airbags", die den Aufprall bei der Landung bisheriger Rover auf dem Mars abgefedert haben.

Und dann die Verpflegung. Während des Fluges müssen sich die vier Reisenden von Astronautennahrung in Tuben und Dosen ernähren. Doch auf dem Mars werden sie zu Kleingärtnern, die ihr eigenes Gemüse anbauen. Da man nicht weiß, ob Salat auf Marsboden gedeiht, setzt Landsdorp auf ein neues Verfahren des holländischen Unternehmens PlantLab. Das zieht Pflanzen auf einem Substrat und beleuchtet sie mit LEDs, deren Licht sich für die Fotosynthese optimieren lässt. Außerdem benötigen LEDs wenig Strom, womit man beim nächsten heiklen Punkt wäre: der Energieversorgung. Eine autarke, mit vier Leuten besetzte Raumstation benötigt erheblich mehr elektrische Energie als der Mars-Rover Curiosity. Vor allem auch, um das mutmaßlich im Marsboden vorhandene Wassereis zu schmelzen und zu sammeln. Den gesamten Strom will Landsdorp vollständig mit Solarzellen generieren. Selbst wenn das tagsüber möglich sein sollte, wären zusätzliche starke Batterien oder thermonukleare Stromerzeuger nötig, um die Dunkelphasen des 24-stündigen Tag-Nacht-Rhythmus zu überstehen.

Landsdorp rechnet nach der offiziellen Ausschreibung der Mission mit einer Flut von Bewerbern: "Sie werden zum Mars fliegen, um sich einen lebenslangen Traum zu erfüllen." Die Auswahl der vier ersten Kolonisten werden Psychologen überwachen. Ob zu den Auserwählten Männer und Frauen gehören werden, lässt Landsdorp offen. Den ersten Generationen empfiehlt er jedoch, keine Kinder zu zeugen, weil die medizinische Versorgung eingeschränkt ist, um nur ein Problem zu nennen.