Wenn ebenbürtige Gegner aufeinandertreffen, geht es bei Mensch und Tier härter zur Sache, fanden Forscher heraus

London/Amsterdam. Ob Fußballer oder Finken: Ähnlich starke Kontrahenten kämpfen besonders hart und aggressiv gegeneinander. Das gilt offenbar nicht nur für Individuen, sondern auch für Gruppen.

Niederländische Forscher untersuchten Fußballspiele der Bundesliga und Basketballspiele der höchsten US-amerikanischen Liga NBA. Und tatsächlich: Mannschaften, die in der Tabelle nahe beieinanderstanden, spielten aggressiver und foulten häufiger, schreiben die Forscher der Universitäten Groningen und Amsterdam im britischen Fachblatt "Biology Letters".

Trafen zum Beispiel in der vergangenen Saison der HSV und Werder Bremen aufeinander, attackierten Heiko Westermann und Dennis Aogo ihre Gegenspieler Claudio Pizzaro und Markus Rosenberg besonders aggressiv, da sich beide Klubs eher in den Niederungen der Bundesliga-Tabelle aufhielten. Ging es aber gegen Spitzenteams wie Borussia Dortmund oder Bayern München, verhielten sich die Hamburger Fußballprofis eher milde. Auch ein Bayern-München-Spieler foulte einen Dortmunder wohl härter als einen Gegner vom FC Augsburg. Zur Sache ging es auch in der NBA, wenn zum Beispiel starke Mannschaften wie die Los Angeles Lakers und die Dallas Mavericks mit dem deutschen Superstar Dirk Nowitzki aufeinandertrafen.

Laut der neuen Studie der niederländischen Wissenschaftler nehmen Tiere vor einem Kampf - zum Beispiel im Streit um Futter - ihren potenziellen Gegner genau unter die Lupe. So erhöhen sie die Chance zu gewinnen und verringern das Risiko einer Verletzung. "Wenn etwa weibliche Hausfinken gegeneinander kämpfen, eskaliert das besonders, wenn beide Kontrahenten gleich groß sind", schreiben die Wissenschaftler. Die Roten Waldameisen dagegen verschonen deutlich schwächere Gegner. Und auch Menschen passen ihre Kampfstrategie ihren Ressourcen, ihren Fähigkeiten an.

Der niederländische Wissenschaftler Gert Stulp und sein Team hatten dazu 1530 Spiele der Fußballbundesliga aus den Spielzeiten 2004/2005 und 2008/2009 analysiert. Außerdem untersuchten sie 1230 Basketballspiele der NBA der Saison 2009/2010. Spielte der Tabellenführer der Bundesliga gegen den Letzten, begingen die Fußballer etwa zwölf Prozent weniger Fouls als die Teams, die in der Tabelle nahe beieinanderstanden. Ähnlich starke Mannschaften begingen durchschnittlich 39,15 Fouls pro Match. Etwas weniger deutlich war es bei den Basketballern. Ähnlich platzierte Teams foulten sich in einem Spiel im Schnitt 42,36-mal - um vier Prozent häufiger als sehr unterschiedlich starke Mannschaften.

Auf der Suche nach Gründen für die Unterschiede verweist das Team auf eine Studie der Wissenschaftler Nick Neave und Sandy Wolfson aus dem Jahr 2003. Sie schrieben, dass ein als gut eingestufter Gegner den Testosteronspiegel von Fußballern erhöhe - und so aggressiv mache. Lag der Wert des wichtigsten männlichen Sexualhormons, das für Erregung und Potenz sorgt, direkt vor dem Spiel gegen einen schwächeren Gegner bei 40 Prozent, so erhöhte er sich auf 67 Prozent vor dem Match gegen einen starken Rivalen. "Wir wissen, dass Testosteron bei Tieren mit Dominanz und Aggression verbunden ist", schrieben damals die britischen Psychologen. Ähnlich starke Mannschaften empfinden sich wohl eher als gefährliche Rivalen.

Bleibt die Frage, inwieweit sich ein sportlicher Wettkampf mit dem Wettbewerb im Tierreich vergleichen lässt. Die Forscher betonen, dass die Aggression von Sportlern durch Regeln und Schiedsrichter eingeschränkt sei. Doch Grundlage des Sports seien auch Konkurrenzdenken und die "Fähigkeit zur Kriegsführung" - Fähigkeiten, die Menschen und Tiere wohl für die Jagd entwickelt hätten.