Als das Paar Anna und Rainer standen Silvia Seidel und Patrick Bach 1987 vor der Kamera. Seidel hatte Vorahnung von “bösen Sachen“ in ihrem Leben.

München. Tragik war ein steter Begleiter im Leben der Silvia Seidel - und mit tragisch kann auch eine Interview-Passage des ehemaligen Kinderstars aus dem Jahr 2007 bewertet werden. Damals beantwortete die Schauspielerin eine Frage der Zeitschrift "Bunte", wo sie in fünf Jahren sein wolle, mit folgenden Worten: "Bei mir, in meiner Mitte. So wie es sich jetzt gerade anfühlt, hoffe ich, dass es bleibt. Es geht mir sehr, sehr gut im Moment." Die nächste Frage: "Unverwundbar sind Sie aber immer noch nicht." Die nächste Antwort: "Nein, ich bin mir sicher, das Leben wird noch viele böse Sachen für mich bereithalten."

Fast auf den Tag genau fünf Jahre nach Aufzeichnung des Interviews ist Silvia Seidel tot. Die als Balletttänzerin "Anna" in der gleichnamigen ZDF-Weihnachtsserie berühmt gewordene Mimin wurde bereits vergangene Woche leblos in ihrer Münchner Wohnung aufgefunden. Neben ihr lag ein Abschiedsbrief. Seidel wurde nur 42 Jahre alt.

"Ich kann es traurigerweise nur bestätigen", sagte ihre Agentin Cornelia Hartmann von der ZAV Künstlervermittlung am Montag. Auf der Internetseite der Agentur war am selben Tag noch das Profil der Schauspielerin zu sehen. Offenbar hat sich der TV-Star das Leben genommen. "Wir haben keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München.

Seidels Stammwirtin wurde stutzig

Die Schauspielerin war Stammgast in einer Münchner Kneipe. Als sie dort mehrere Tage nicht auftauchte, wurde Wirtin Maria Mukalovic stutzig. Zur Münchner "tz" sagte sie: "Ich kann ja von der Kneipe aus in ihr Fenster sehen. Da brannte die ganze Zeit das Licht." Als sie vergeblich an Seidels Tür geklingelt hatte, alarmierte sie die Polizei, die die Schauspielerin tot in ihrer Küche fand. Neben ihr lag ein Abschiedsbrief.

Fans und Weggefährten der Schauspielerin reagierten geschockt auf die Todesnachricht. "Mich trifft das genauso unvorbereitet wie wohl die meisten anderen“, sagte Patrick Bach. Der 44-Jährige spielte in "Anna“ den jungen Rainer, der in die von Seidel verkörperte Ballett-Tänzerin verliebt ist. Erst vor wenigen Wochen hätten er und Seidel gemeinsam ein Casting gehabt, sagte Bach. "Und wir hatten Spaß zusammen.“

Die genaue Todesursache blieb zunächst unklar. Patrick Bach kann Seidels Tod nicht so recht fassen: "Wir sind in einem Alter, wo man eigentlich noch reichlich vor sich haben kann.“ Im Herbst hätte eine Theatertournee beginnen sollen. "Zumindest beruflich wäre es weitergegangen“, sagte ihre Agentin Hartmann.

Seidels Mutter nahm sich 1992 das Leben

Seidel hatte sich 1987 als 17-Jährige als "Anna Pelzer" in der ZDF-Weihnachtsserie in die Herzen von bis zu zwölf Millionen Zuschauern gespielt. Viele Mädchen ließen sich damals von der Ballettbegeisterung anstecken. Ein "Anna"-Kinofilm an der Seite von Patrick Bach folgte. Und es gab Preise: die Goldene Kamera, einen Goldenen Bambi und den Förderpreis Telestar. An diesen Erfolg konnte Seidel nie mehr anknüpfen. Der Kinofilm "Ballerina“ oder auch die Sat.1-Serie "Quer durch die Galaxie und dann links“ floppten. Es blieben Kurzauftritte in TV-Serien wie "Forsthaus Falkenau", "Rosenheim Cops" oder "SOKO Leipzig". Auch Theater spielte sie gelegentlich.

Doch die großen Rollen blieben aus. Auch die Beziehung zu Lebensgefährte und Autor Patrick McGinley ging in die Brüche. Offenbar litt Silvia Seidel zuletzt auch unter massiven Geldproblemen. In einem Interview hatte sie Anfang vergangenen Jahres gesagt: "Ich bin oft arbeitslos und weiß manchmal nicht, wie ich meine Miete zahlen soll." 1992 hatte sich Seidels Mutter Hannelore das Leben genommen. Sie litt unter Depressionen.

Der Tod ihrer Mutter traf Silvia Seidel hart, zumal sie sich deshalb mitunter Vorwürfe gefallen lassen musste. "Es war eine Farce. Ausgerechnet mir warf man vor, ich hätte mich im Ruhm gesonnt und darüber meine kranke Mutter vergessen. Und sei damit an ihrem Tod schuld", sagte Seidel 2007 der "Bunten".

In demselben Interview äußerte sich Silvia Seidel auch zum Thema Angst: "Mir hat meine Angst viel kaputt gemacht. Sie ist das Gegenteil von Freiheit. Ich hatte so viel Angst und Selbstzweifel, dass ich schöne Momente nicht genießen konnte.

Mit Material von dpa