Tausende von Menschen sind heute zur zentralen Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs in Winnenden gekommen. Auch Bundeskanzlerin Merkel, Bundespräsident Horst Köhler und der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger sind unter der Trauergemeinde.

Stuttgart. Zur zentralen Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs in Winnenden sind am heutigen Sonntag rund 2 000 Trauergäste in die St.-Karl-Borromäus-Kirche gekommen. Um 10:45 läuteten 15 Minuten lang die Kirchenglocken. Damit wurde auf die Gedenkfeier aufmerksam gemacht und die Bevölkerung dazu aufgerufen, an der Zeremonie teilzunehmen.

Der katholische Bischof Gebhard Fürst begrüßte zu Beginn des ökumenischen Gottesdienstes den Bundespräsidenten Horst Köhler, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). Ihre Teilnahme an der Trauerfeier sei "ein starkes Zeichen Ihrer Verbundenheit", sagte Fürst.

Der württembergische Evangelische Landesbischof Frank Otfried July hat während der Trauerfeier die Gesellschaft dazu aufgerufen, Kinder vor "falschen Bildern und falschen Verhaltensweisen" zu schützen. "Wir haben in dieser Gesellschaft miteinander Verantwortung, welche Bilder öffentlich werden und prägen, welchen Bildern unsere Kinder und Jugendlichen begegnen und welchen Erfahrungen".

Die Namen der Opfer wurden einzeln verlesen und bei jedem Namen wurden Kerzen von Schülern an den Altar getragen, entzündet und zusammen mit einer gelben Rose abgestellt.

Kurz vor Beginn der Trauerfeier fordern die Angehörigen der Opfer mehr Konsequenzen bezüglich der Tat von der Politik. In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel, Bundespräsident Horst Köhler und den baden-württembergischen Ministerpräsident Oettinger, die ebenfalls an der Zeremonie teilnehmen, meldeten sie sich zu Wort und erläuterten ihre Forderungen.

Er begann mit den Worten:"In unserem Schmerz, in unserer Hilflosigkeit und in unserer Wut wollen wir (...)nicht untätig bleiben."

Es müsse dafür gesorgt werden, dass den Jugendlichen der Zugriff für Waffen erschwert und die Sendung von Gewaltdarstellungen im Fernsehen eingeschränkt werden. Desweiteren plädieren sie für ein Verbot und Killerspielen und würden es gut finden, wenn die Berichterstattung über Amokläufer reglementiert werden würde.

Auch der Jugendschutz im Internet müsse ausgebaut werden.

Der Gottesdienst wird von dem katholischen Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie dem Bischof der Evangelischen Landeskirche Württemberg, Frank Otfried July, geleitet. Die ARD überträgt die Trauerfeier im Ersten Programm. Auch an verschiedenen Stellen in Winnenden und der Umgebung sind Großbildleinwände aufgestellt, auf denen das Ereignis übertragen wird. Die Stadt erwartet mindestens 30 000 Teilnehmer, die Landesregierung hatte von bis zu 100 000 gesprochen.

Zu der Trauerfeier will auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier erscheinen. Zudem wollen alle im Bundestag vertretenen Parteien ihre höchsten Vertreter schicken.

Bischof Gebhard Fürst kündigte an, dass er bei der Trauerfeier auch für Tim K. (17) und seine Familie beten werde. "Die sind schon auch in einer erbarmungswürdigen Situation", sagte der Oberhirte der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Fürst hat allerdings Verständnis für alle, die noch kein Mitleid mit dem Amokläufer empfinden können: "Man kann nicht von einem Kind, das vielleicht selbst miterlebt hat, wie die Freundin erschossen wurde, erwarten, dass es eine Kerze für den Täter vor den Altar stellt." Er ergänzte: "Ich wünsche mir, dass die Menschen eines Tages verstehen, dass Gott sich auch des Tim erbarmt."

Dieselbe Frage stellte sich am 3. Mai 2002 in Erfurt bei der Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs am Gutenberg-Gymnasium. Damals stand auf den Stufen des Doms - abgesetzt von den 16 Kerzen für die Opfer - eine 17. Kerze für den Täter Robert Steinhäuser (* 19). Der evangelische Landesbischof Christoph Kähler schloss die Familie damals in die Fürbitten mit ein. Der damalige Bundespräsident Johannes Rau wandte sich damals an die Eltern: "Meine Gedanken gehen auch zur Familie des Täters. Niemand kann ihren Schmerz, ihre Trauer und wohl auch ihre Scham ermessen."

Ein Mann hat am Freitag vor einem Kindergarten im französischen Lyon mit einem Schrotgewehr auf Passanten geschossen. Dabei wurden acht Menschen leicht verletzt. Der 17-Jährige wurde gefasst.