Auf der Ferieninsel Korsika hat ein Junge (16) seine beiden jüngeren Zwillingsbrüder und seine Eltern mit einem Jagdgewehr erschossen.

Paris. Seine Eltern und seine kleinen Zwillingsbrüder lagen nachts in ihren Betten, als der 16-jährige Korse sich das Jagdgewehr seines Vaters holte und alle vier nacheinander erschoss. Der Junge habe sich einen Tag nach der Tat gestellt, berichtete die Staatsanwaltschaft auf Korsika. Was ihn dazu gebracht hatte, seine gesamte engere Familie auszulöschen, war zunächst völlig unklar. Er könne sich an nichts erinnern, sagte der Junge bei seiner Vernehmung. Die Tat erinnert an den Roman „Kaltblütig“ des US-Schriftstellers Truman Capote, in dem eine vierköpfige Familie aus unerfindlichen Gründen getötet wird.

Die Familie lebte bislang unauffällig in einem frei stehenden Haus in Albitreccia, etwa 35 Kilometer östlich von Ajaccio. Die Eltern arbeiteten als Geschäftsleute in einem nahe gelegenen Badeort. Der Junge hatte zuvor nie Ärger mit der Polizei gehabt.

Unklar ist auch, wie sich das Drama in der Nacht zum Mittwoch genau abgespielt hat. Wen hat der Junge zuerst erschossen? Sind die anderen Familienmitglieder wach geworden und haben sie versucht zu entkommen? Gibt es Nachbarn, die die Schüsse gehört haben? Die Leichen der Opfer sollten noch am Donnerstag obduziert werden.

Nach ersten Ermittlungen hat der Junge die Waffe nach der Tat in der Nähe des Elternhauses abgelegt. Den folgenden Tag hat er sich ziellos in dem Badeort Porticcio herumgetrieben, bis er sich schließlich einem seiner Onkel anvertraute.

Dieser hat den Jungen dann gegen ein Uhr früh am Donnerstag zur Polizei gebracht und den Beamten erklärt: “Der Junge hat seine Familie getötet.“ Die Polizisten nahmen den 16-Jährigen in Gewahrsam. Er soll einem Jugendrichter vorgeführt werden.

Im Internetforum von „Corse Matin“ forderten schockierte Leser umgehend schärfere Regeln für den Waffenbesitz. „Es gibt zu viele Waffen auf Korsika, wir brauchen ein Gesetz, um dies einzuschränken“, schreibt eine Frau. Besitzer von Jagdwaffen müssten verpflichtet werden, die Waffen so wegzuschließen, dass niemand darankommen könne.

Mit dem Familiendrama steigt die Zahl der Erschossenen auf Korsika seit Jahresbeginn auf 20. Im Vorjahr waren auf der Insel 21 Menschen erschossen worden. Korsika ist dafür bekannt, dass Konflikte schnell mit der Waffe ausgetragen werden. Der Präfekt von Korsika, Paul Michel, hatte kürzlich erst gewarnt, dass dieses Jahr noch blutiger ausfallen könnte als das vorige.

Erst Mitte Juli hatte ein Disco-Türsteher nach einem Streit über mitgebrachten Alkohol einen 19-jährigen Touristen erschossen. Seit Anfang des Jahres stellten die Behörden mehr als 100 Schusswaffen sicher. Auf Korsika haben 4500 Einwohner einen Waffenschein, im Großraum Paris sind es nur 1200.