In der katholischen Kirche Irlands wurden Kinder über Jahrzehnte von Priestern, Nonnen und Mönchen vergewaltigt und gequält. Da die Peiniger namentlich jedoch nicht genannt werden dürfen, können diese strafrechtlich nicht belangt werden.

Dublin. Was in Deutschland immer wieder für Aufregung sorgte, erschüttert nun auch Irland. Eine Sonderkommission hat einen Bericht über die Qualen von Mädchen und Jungen in Einrichtungen der katholischen Kirche erstellt, der mehrere tausend Seiten lang ist. Die veröffentlichte Studie belegt, dass Prügel und der sexuelle Missbrauch vor allem von Jungen seit den 30er Jahren an der Tagesordnung waren.

Die Kinder hätten jeden Tag aufs Neue in Angst vor Schlägen gelebt, heißt es in dem Bericht, den die irische Regierung vor neun Jahren in Auftrag gegeben hatte. Ein „Klima der Angst“ habe in den meisten Einrichtungen geherrscht „und in allen für Jungen“, schreiben die Verfasser des 2500-seitigen Dokuments. In Einrichtungen für Mädchen habe es auch sexuellen Missbrauch gegeben, allerdings nicht systematisch. Die Täter konnten demnach „über einen langen Zeitraum unentdeckt“ handeln. Den Opfern sei nicht geglaubt worden, sie seien der Verdorbenheit bezichtigt und oft schwer bestraft worden.

Die Studie wirft Kirche und Staat in Irland vor, die Augen vor den Zuständen in den Einrichtungen verschlossen zu haben. Jeder gemeldete Missbrauch sei von der Kirche als Einzelfall und verschwiegen behandelt worden. Es habe keine Bestrebungen gegeben, das Problem grundlegend in Angriff zu nehmen. Bestenfalls seien die Täter versetzt, zum Schutz der Minderjährigen dagegen sei nichts getan worden. In den wenigen Fällen, in denen das Erziehungsministerium von sexuellem Missbrauch erfahren habe, sei auch vom Staat der Mantel des Schweigens über die Vorfälle gebreitet worden.

Im einzelnen heißt es in der Studie weiter, der Missbrauch von Jungen habe von „unangemessenen Berührungen“ bis hin zur Vergewaltigung gereicht. In Jungenschulen seien die Schüler schon für geringe Vergehen „lange und übermäßig“ körperlich bestraft worden - Ziel sei „soviel Qual wie möglich“ gewesen. Täglich seien Kinder erniedrigt worden. So sei ihre Unterwäsche inspiziert und verschmutzte Bettwäsche herumgezeigt worden.

Die Kinder hätten oft Hunger gelitten, weil das Essen „nicht angemessen, ungenießbar oder schlecht zubereitet“ gewesen sei. Zeugen zufolge suchten Kinder im Müll nach Essbaren oder aßen Tierfutter. Die Räumlichkeiten seien „kalt, spartanisch und düster“ gewesen.

Die Regierung in Dublin hatte die Studie über die Vorgänge in kirchlichen Einrichtungen nach einer Serie von Enthüllungen im Jahr 2000 in Auftrag gegeben. Iren, die heute in mehr als 30 Ländern der Welt leben, hatten Schadenersatz für die in ihrer Jugend erlittenen Qualen gefordert. 60 Prozent der Forderungen stammten von Männern.

John Kelly vom Opferverband SOCA nannte den Bericht enttäuschend. Die Opfer fühlten sich „betrogen“, denn die Studie enthalte keine juristisch verwertbaren Informationen. Die Täter würden nicht namentlich genannt, eine Strafverfolgung sei nicht zu erwarten. Das einstige Opfer Christine Buckley sagte dagegen, mit dem Bericht werde nun hoffentlich ein schweres Kapitel abgeschlossen.

Kardinal Sean Brady, das Oberhaupt der katholischen Kirche in Irland, entschuldigte sich bei den Opfern: Er sei „zutiefst beschämt, dass Kinder in diesen Institutionen auf so schreckliche Weise leiden mussten“. Der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, sagte, angesichts der Erkenntnisse der Studie drehe sich ihm der Magen um.

Irlands Präsidentin Mary McAleese hat den Opfern des jahrzehntelangen Missbrauchs von Kindern in Einrichtungen der katholischen Kirche ihr Mitgefühl ausgesprochen. Es sei „schockierend und beschämend, dass so viele Kinder solch fürchterliche Leiden und Missbrauch in Einrichtungen ertragen mussten, deren Pflicht und Bestimmung es eigentlich war, ihnen sichere und liebende Fürsorge zu bieten“, sagte McAleese am Donnerstag. Ihr Mitgefühl gelte den Opfern „dieser fürchterlichen Ungerechtigkeit“.