Nach der Anklage des mutmaßlichen Amokläufers von Aurora steht nun die Frage von dessen Zurechnungsfähigkeit im Mittelpunkt des Prozesses.

Centennial/USA. James Holmes droht die Todesstrafe: Nach der Anklage des mutmaßlichen Amokläufers von Aurora steht nun die Frage von dessen Zurechnungsfähigkeit im Mittelpunkt des Prozesses. Die einzige mögliche Verteidigung sei der Nachweis von Geisteskrankheit, sagte der frühere Staatsanwalt Craig Silverman vor Beginn der Sitzung am Montag. Sollte Holmes hingegen für zurechnungsfähig befunden werden, könnte die Staatsanwaltschaft am Ende die Todesstrafe fordern.

Holmes steht im Verdacht, am 20. Juli in einem Kino im US-Staat Colorado zwölf Menschen getötet und 58 weitere verletzt zu haben. Er muss sich wegen Mordes und versuchten Mordes in insgesamt 142 Anklagepunkten vor Gericht verantworten. Hinzu kommt laut der offiziellen Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft in Centennial bei Denver am Montag der Vorwurf des illegalen Besitzes von Sprengstoff.

+++ Batman-Schütze wegen 24-fachen Mordes angeklagt +++

Angeklagter macht erneut verwirrten Eindruck

Wie schon bei seinem ersten Auftritt vor Gericht in der vergangenen Woche machte der 24-jährige am Montag einen verwirrten Eindruck. Anders als am 23. Juli wurde auf Antrag der Verteidigung die Anhörung diesmal nicht im Fernsehen übertragen.

Nach Einschätzung des an der Universität Denver lehrenden Juristen Sam Kamin dürfte eine Plädoyer auf Unzurechnungsfähigkeit schwierig werden. Schließlich gebe es deutliche Beweise dafür, dass die Tat vorbereitet worden sei. "Worüber wir aber nichts wissen, und davon wird das Verfahren abhängen, ist sein Geisteszustand“, sagte Kamin.

Holmes, der schon vor einer Woche geistig verwirrt wirkte, hörte sich die Verlesung der Anklage schweigend und ohne sichtbare Reaktion an, berichteten Reporter aus dem Gerichtssaal. Seine Haare waren weiterhin grellrot gefärbt. Er habe längere Zeit ins Leere gestarrt und die Augen weit aufgerissen. Allerdings habe er insgesamt einen etwas wacheren Eindruck als vor einer Woche gemacht.

Der Angeklagte habe lediglich eines einziges Wort gesagt. Richter William Sylvester habe ihn gefragt, ob er mit der Forderung seiner Anwälte nach mehr Zeit bis zu einer ersten Anhörung einverstanden sei. Darauf habe Holmes mit kaum vernehmbarer Stimme „Ja“ geantwortet, sagte ein CNN-Reporter. Auf den Zuschauerplätzen saßen auch Angehörige der Opfer. Bilder aus dem Gerichtssaal gab es diesmal nicht, da Kameras verbannt waren.

Holmes soll bei einem Überfall auf ein Kino zwölf zumeist junge Zuschauer erschossen und weitere 58 verletzt haben. Außerdem hatte er nach Angaben der Polizei in seiner Wohnung Sprengfallen aufgestellt, die ebenfalls Menschen töten sollten. Er habe über Monate hinweg Waffen und Munition gesammelt, seine Tat erscheine daher sorgsam geplant.

Die Anklage lautete formell auf 24-fachen Mord, heißt es in dem Gerichtsdokument. Zwölfmal werden ihm Todesschüsse mit tatsächlicher Mordabsicht vorgeworfen. In den anderen zwölf Fällen macht die Staatsanwaltschaft geltend, dass wegen des wahllosen Herumschießens zwölf Menschen ums Leben gekommen seien. Damit gibt es pro Mordopfer zwei Anklagefälle.

Die Staatsanwaltschaft hatte bereits zuvor erklärt, sie prüfe die Todesstrafe. Sie muss in Colorado innerhalb von 60 Tagen nach der Anklageerhebung beantragt werden. Die Todesstrafe wird allerdings in dem Bundesstaat äußerst selten verhängt.

Kaum ein anderer Amoklauf hat die Amerikaner in den vergangenen Jahren derart erschüttert wie dieses Blutbad vor gut zehn Tagen während einer „Batman“-Vorstellung. Zugleich werden Stimmen nach strengeren Waffengesetzen laut. Die Motive, die hinter der Tat stehen, liegen nach wie vor völlig im Dunkeln.

Mehrere Hinweise nähren Spekulationen über eine mögliche Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten. US-Medien hatten berichtet, dass Holmes in psychiatrischer Behandlung gewesen sei. Auch soll er Schreiben mit angeblichen Mordplänen und Gewaltfantasien an eine Psychiaterin der Universität geschickt haben. Auch sein Auftreten vor Gericht warf solche Fragen auf.

Zudem sollte das Gericht am Montag über eine weitere juristischen Kontroverse beraten. Dabei geht es um das angebliche Schreiben des Angeklagten an seine Psychiaterin, in dem er Mordpläne skizziert haben soll. Nach Ansicht der Anwälte gefährdet die Veröffentlichung einen fairen Prozess. Es handele sich um vertrauliche Dokumente eines Patienten. Sie verlangten die Herausgabe des Dokuments.

Die nächste Anhörung sei für den 9. August angesetzt, berichtete die „Denver Post“. Das Verfahren soll mit einer Voranhörung am 12. November beginnen.

Erst am Sonntag war ein weiterer Schicksalschlag für eine Überlebende des Amoklaufs bekanntgeworden: Eine schwangere Mutter, die bei der Bluttat bereits ihre sechsjährige Tochter verloren hatte, erlitt eine Fehlgeburt. Die Frau sei in der sechsten Woche schwanger gewesen, teilte ihre Familie nach Angaben der Zeitung „Denver Post“ mit. (dapd/rtr/dpa)