Verkleideter 24-Jähriger tötet bei Filmpremiere in den USA zwölf Kinobesucher. Polizei rätselt über Motiv. Neue Debatte um Waffenrecht.

Denver. Der Mörder kam ganz in Schwarz. Vor dem Gesicht trug er eine Gasmaske, wie der Terrorist Bane in dem neuen Batman-Actionfilm "The Dark Knight Rises", dessen Mitternachtspremiere ein paar Minuten zuvor angelaufen war. Dann warf er Tränengasgranaten ins Publikum und feuerte mit einer Waffe wahllos um sich.

Zwölf Menschen sind bei dem Amoklauf eines 24-Jährigen in der Nacht zu Freitag in einem voll besetzten Kino in Aurora nahe Denver (US-Bundesstaat Colorado) getötet worden. Mindestens 59 Besucher wurden verletzt, darunter auch Kinder. Über das Motiv des Mannes, der nach dem Blutbad festgenommen und als James Holmes identifiziert wurde, herrschte Rätselraten. Die Polizei schloss Terrorismus als Motiv aus. Nach Berichten örtlicher Medien war er als Student der Neurowissenschaften an der Universität von Colorado in Aurora eingeschrieben, wollte das Studium aber aufgeben. Er sei der Polizei zuvor nicht aufgefallen. Er sollte noch am Freitag einem Gericht vorgeführt werden.

Der Vorfall geschah zwei Tage vor dem ersten Jahrestag des Massakers von Utøya in Norwegen und nicht weit entfernt vom Schauplatz des Amoklaufs an der Columbine High School im Jahr 1999. Dort hatten zwei Teenager 13 Menschen getötet und 23 verletzt, bevor sie sich selbst erschossen.

+++ Massaker im Kino: Zwölf Tote, Terrorismus ausgeschlossen +++

Der Amokschütze Holmes trug bei seinem Angriff auch eine schusssichere Weste, wie der lokale Fernsehsender KUSA unter Berufung auf die Polizei berichtete. Nach Angaben von Augenzeugen trat er etwa eine Viertelstunde nach Beginn des Films durch einen Notausgang in den Kinosaal Nummer 9. Einige der Kugeln, die er abfeuerte, durchschlugen die Wand zum Kinosaal nebenan. Viele der zumeist jungen Premierengäste dachten zunächst, die Schüsse gehörten zum Film. "Ich habe erst überhaupt nicht begriffen, was los ist", berichtete ein junger Mann. Und eine Frau schilderte: "Es gab Explosionen, und kurz darauf hörten wir Menschen schreien." Sie saß im Nebensaal und dachte ebenfalls, der Ton sei zu laut eingestellt. "Doch dann sahen wir Hunderte Menschen, die geduckt aus dem Kino liefen." Auch Videoaufnahmen von Zuschauern zeigten schreckliche Szenen: Menschen schrien und drängten getrieben von panischer Angst zu den Ausgängen, einige waren blutüberströmt.

Der lokale Polizeichef Dan Oates schilderte, zehn der Opfer seien im Kino gestorben, die zwei weiteren im Krankenhaus. Viele der Verletzten hatten Schusswunden, einige erlitten Rauchvergiftungen, wie KUSA berichtete. Der Sprecher der Polizei in Aurora, Frank Fania, sagte, der Amokschütze habe sich auf einem Parkplatz hinter dem Kinokomplex ohne Widerstand festnehmen lassen. Bei ihm fand man insgesamt vier Schusswaffen, darunter ein Gewehr. Nach der Tat wurde zunächst das Auto des Täters auf Sprengstoff untersucht, später auch seine Wohnung. Vorsichtshalber wurden dabei umliegende Apartments evakuiert. Oates sagte vor Journalisten, in der Wohnung des Mannes seien Sprengfallen entdeckt worden, die entschärft werden mussten.

US-Präsident Barack Obama brach eine Wahlkampfreise durch Florida vorzeitig ab und kehrte nach Washington zurück. Er hatte zuvor bei seinem Auftritt in Fort Myers zusammen mit seinen Zuhörern eine Schweigeminute eingelegt. Obama sprach von einer herzzerreißenden Tragödie und einem "sinnlosen Akt der Gewalt". Die Opfer hätten Träume gehabt, "die jetzt nicht mehr erfüllt werden können". Bereits zuvor hatte Obama in einer schriftlichen Erklärung versichert, seine Regierung werde alles tun, um den Opfern und den Betroffenen zu helfen.

Das Blutbad löste eine Debatte über die Waffenkontrolle in den USA aus. Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg rief Obama und dessen republikanischen Herausforderer bei der Präsidentenwahl, Mitt Romney, dazu auf, für eine Verschärfung der Waffengesetze zu sorgen. Bloomberg ordnete nach Angaben des TV-Senders CNN zudem Sicherheitsvorkehrungen bei Batman-Vorführungen in seiner Stadt an.

Auch die Kinokette Cinemaxx plant zum Deutschland-Start des neuen Batman-Films Mitte nächster Woche eine Erhöhung der sichtbaren Präsenz von Sicherheitskräften in den Kinos. Im Einzelfall würden sich Mitarbeiter mit in die Kinosäle setzen, sagte eine Firmensprecherin der "Neuen Osnabrücker Zeitung".