“Weihnachts-Hack“: Online-Gruppe Anonymous hackt Internetseite der US-Sicherheitsfirma Stratfor - und verteilt eine Million Dollar um

London. Ihr Erkennungszeichen ist die Guy-Fawkes-Maske. Sie wurde zum Symbol für den weltweiten Protest gegen die Macht der Banken und des Geldes. Hinter ihr verbirgt sich die Online-Aktivistengruppe Anonymous. Sie wurde mit Internetattacken auf die Unternehmen bekannt, die die Enthüllungsplattform Wikileaks in Bedrängnis bringen wollten.

Nun ist das Hackernetzwerk wieder aktiv geworden. Es drang zu Weihnachten in die Datenbank des amerikanischen Sicherheitsunternehmens Strategic Forecasting (Stratfor) ein, knackte den Zugang zu dessen Kundenliste samt aller Kontodaten, Passwörter und Privatadressen. Am Sonntag veröffentlichte Anonymous die Liste mit allen Informationen auf der Plattform Twitter mit dem Titel "Gar nicht mehr so privat und sicher?" Zudem überwiesen die Online-Piraten - wie einst Robin Hood, der den Reichen nahm, um den Armen zu geben -, unfreiwillige Spenden von den Konten per Kreditkarte an Wohltätigkeitsorganisationen. Ziel der Aktion sei es gewesen, mit den Daten eine Million Dollar zu entwenden und diese dann als Weihnachtsspenden zu verschenken, teilten die Hacker mit. Insgesamt hätten sie Daten im Umfang von 200 Gigabyte entwendet.

Stratfor bestätigte dem britischen Sender BBC den Angriff: "Am 24. Dezember haben Unbefugte personenbezogene Daten und dazugehörige Kreditkartendaten von einigen unserer Kunden offengelegt." Das Unternehmen hat den virtuellen Einbruch bei den Behörden gemeldet und arbeitet bei der Aufklärung mit der Polizei zusammen.

Insgesamt sollen mehr als 4000 Kreditkartennummern von Angestellten der betroffenen Firmen und Regierungsinstitutionen entwendet worden sein. Für das Unternehmen besonders peinlich: Die Informationen sind angeblich nicht verschlüsselt gewesen.

Zu der bis dahin streng geheimen Kundenliste von Stratfor zählen das US-Verteidigungsministerium, die US-Armee, die US-Luftwaffe und Technologiegiganten wie Apple und Microsoft. Stratfor bietet politische, wirtschaftliche und militärische Analysen an, die den Kunden bei der Risikominimierung helfen sollen, wie aus einer Beschreibung auf der YouTube-Seite der Firma hervorgeht. Abonnenten müssen online für diese Analysen bezahlen, die per Video oder E-Mail weitergeleitet werden. Die offizielle Website des Unternehmens konnte gestern vorübergehend nicht aufgerufen werden.

5Stratfor verfüge zwar über Schutzmechanismen gegen Hackerangriffe, sagte der für geheimdienstliche Fragen zuständige Vizepräsident des Unternehmens, Fred Burton. "Aber die Hacker leben in einer Welt, in der es außergewöhnlich schwer ist, sich gegen ihre Angriffe zu verteidigen, wenn sie sich einmal auf dich eingeschossen haben."

Anonymous veröffentlichte im Internet auch eine Rechnung, auf der bereits erste Überweisungen an gemeinnützige Organisationen zu sehen sein sollen. Die Online-Guerilla zeigte auf Twitter einen Link, der zur E-Mail-Adresse, Telefonnummer und Kreditkartennummer eines Mitarbeiters der US-Sicherheitsbehörde Homeland Security führte. "Sie haben Geld genommen, das nicht mir gehört", sagte Cody Sultenfuss. "Ich habe mich gefragt: ,Warum ich? Ich bin nicht reich'." Allen Barr, der für die texanische Bankenbehörde gearbeitet hatte, stellte fest, dass insgesamt 700 Dollar (540 Euro) von seinem Kundenkonto überwiesen wurden. "Es waren alles Wohltätigkeitsorganisationen: das Rote Kreuz, CARE, Save the Children", sagte Barr. "Als die Kreditkartenfirma anrief, war meine Frau nicht sicher, ob ich nicht einfach etwas gespendet hatte."

Es bleibt weiter spannend: Anonymous kündigte auf Twitter ebenfalls an, dass die Attacke auf Stratfor nur die erste von mehreren sei, die das Hackernetzwerk derzeit plane. Die Hacker waren zuletzt im Oktober und November aktiv geworden. Sie hatten angekündigt, die Website der New Yorker Börse NYSE lahmzulegen mit dem Ziel, die Demonstrationen Occupy Wall Street zu unterstützen.