Ein junger Amerikaner mit einem IQ von 145 stahl Autos, Boote und sogar Flugzeuge. Sein Leben wird verfilmt

Coupeville. Seit Wochen bereitet sich das US-Städtchen Coupeville auf der Whidbey-Insel vor Seattle auf seine Erstürmung durch die nationalen Medien vor. Jeder Burger-Budenbetreiber und Bed-and-Breakfast-Anbieter hofft heute auf blendende Geschäfte.

Colton A. "Colt" Harris-Moore, 20, alias "Barefoot Bandit" alias "Barefoot Burglar" muss sich vor dem Richter verantworten. Wegen spektakulären Diebstahls, Waffenbesitzes und der Benutzung eines gestohlenen Flugzeugs ohne Pilotenschein drohen ihm mindestens zehn Jahre Haft. Im und vor dem Gerichtssaal werden sich auch einige von "Colts" Bewunderern drängen. Sie formierten sich auf Facebook- und Twitterseiten, in den Glanzzeiten brachte es der Bandit, dessen Intelligenzquotient von 145 nur drei Punkte unter jenem von Albert Einstein liegen soll, auf 85 000 Jünger: Der "Jesse James des Internetzeitalters" war ein Star.

Der "Barfuß-Bandit" (einige Straftaten beging er ohne Schuhe und eine sogar unbekleidet) raubte auf seiner mehr als zwei Jahre langen Flucht in Richtung Osten durch etliche Bundesstaaten alles, was ihm gefiel - diverse Autos, zwei Rennboote, fünf Kleinflugzeuge. Er narrte die Polizei, bis er nach seinem längsten Raubflug von Indiana auf die Bahamas und einer Crash-Landung am 11. Juli 2010 gefasst wurde. Harris-Moore hatte zwar nie eine Fluglizenz, aber er soll sich das Fliegen mit Computerspielen beigebracht haben

Als er sieben Jahre alt gewesen war, einziger Sohn einer Familie, in der sich Vater und Mutter prügelten und sich um ihren Verstand soffen, war er vor seinen Eltern in die nahen Wälder der Camano-Insel geflohen und hatte Überleben trainiert. Ein Kleinkrimineller mit dem Kriegsnamen Harley Davidson Ironwing soll Colt in den Grundtechniken des Einbruchs und Autodiebstahls unterwiesen haben.

Colton Harris-Moore war ein armer, getretener Hund, den niemand wollte. Keine Verwandten, keine Lehrer, keine Mädchen, keine Sozialarbeiter. Aus diesem Verlierer einen Facebook-Helden und postmodernen Huckleberry Finn zu fertigen, kann nur der Netzgemeinde gelingen. "Er ist kein gewöhnlicher Krimineller", schwärmt Zack Sestak, der den Colton-Harris-Moore-Fanklub leitet, "er ist ein außergewöhnlicher Krimineller: Der richtige zur richtigen Zeit."

Wirklich? 20th Century Fox glaubt fest daran. Im April erwarb das Filmstudio die Rechte an dem Drehbuch "Taking Flight: The Hunt for a young Outlaw" ("Fliegend auf der Flucht: die Jagd auf einen jungen Outlaw") für 1,3 Millionen Dollar. Das Geld darf nicht dem Kriminellen zugute kommen, so sieht es das "Son of Sam"-Gesetz vor, benannt nach einem Serienmörder, der sich an seinen Gräueltaten bereichern wollte. Colton Harris-Moore hat bei zwei Gerichtsauftritten - zuerst auf den Bahamas, wo er wegen "ungesetzlichen Eindringens" mit einer Geldstrafe davonkam - demütig bekundet, das Honorar für die Filmrechte werde nur zur Wiedergutmachung für die Opfer seiner Raubzüge dienen. Er bereue seine Taten und hoffe, dass sie niemanden zur Nachahmung inspirierten. Das Urteil wird am 27. Januar 2012 erwartet.