Verdacht des Drogenhandels: Patrick Sullivan war ein gefeierter Anti-Drogen-Kämpfer. Jetzt sitzt er in dem Gefängnis, das seinen Namen trägt.

Washington. Ironie des Schicksals oder einfach nur dumm: Einst war Patrick Sullivan, 68, das Aushängeschild von Colorado, wenn es um Recht und Gesetz ging, in den USA ein gefeierter Held und Kämpfer gegen Drogen. Sein Wort hatte Gewicht. 2001 wurde Sullivan von der Nationalen Sheriff-Vereinigung sogar zum "Sheriff des Jahres" (Sheriff of the Year) gekürt.

Jetzt wurde der Gesetzesmann festgenommen und sitzt hinter Gittern - ausgerechnet in dem Gefängnis, das nach ihm benannt wurde, ausgerechnet unter dem Verdacht des Drogenhandels. In Handschellen erschien er vor dem Richter, statt in Uniform im orangen Gefängnisoverall.

Die Polizei bekam einen Tipp und stellte Patrick Sullivan eine Falle

Der Sheriff, der zu aktiven Zeiten in einer staatlichen Anti-Drogen-Arbeitsgruppe engagiert mitgearbeitet hatte, befindet sich im "Patrick J. Sullivan Jr. Detention Facility" in Centennial in Untersuchungshaft. Er muss sich wegen versuchten Verkaufs von Methamphetaminen (umgangssprachlich auch als Meth oder Chrystal bezeichnet) vor Gericht verantworten. Besonders peinlich: Die Anklage wirft dem ehemaligen Vorzeigepolizisten von Colorado vor, einem Mann das Rauschgift im Gegenzug für Sex angeboten zu haben.

Nach Informationen der Zeitung "Denver Post" geht aus Gerichtspapieren hervor, dass Sullivan in eine Falle tappte, die ihm die Polizei gestellt hatte. Die Beamten waren durch einen Tipp auf seine mutmaßlichen Drogenaktivitäten aufmerksam geworden. Sie heuerten einen Informanten und ehemaligen Sexgespielen des offenbar homosexuellen Sullivan an. Der bot sich dem Ex-Sheriff Sex im Austausch gegen Drogen an. Die Übergabe des Rauschgifts wurde gefilmt, Sullivan von seinen ehemaligen Kollegen festgenommen. Im Fall eines Schuldspruchs drohen ihm bis zu sechs Jahre Haft.

Der zuständige Richter in der 100 000-Einwohner-Stadt Centennial verdoppelte die Kaution auf 500 000 Dollar. Kann Patrick Sullivan das Geld nicht aufbringen, bleibt er zumindest bis zum Prozess in der Haftanstalt gleichen Namens.

Die Nachricht von seiner Festnahme schlug bei den Bewohnern des Bezirks Arapahoe County ein wie eine Bombe. Der ehemalige Bezirksstaatsanwalt Robert Gallagher, der früher oft mit dem Sheriff zusammengearbeitet hatte, ist entsetzt: "Ich kann es einfach nicht glauben, dass das hier passiert. Das ist nicht der Pat Sullivan, den ich so hoch respektiert habe." Auch Steve Ward, ein früherer Landrat in Arapahoe County, konnte es nicht fassen. "Es ist, als ob man aufwacht und die Schlagzeile liest: Wissenschaftler sind jetzt zu dem Schluss gekommen, dass die Erde flach ist." Jim Peters, ein weiterer ehemaliger Staatsanwalt, sagte: "Er war total anständig und ehrlich." Sullivan habe geradezu "vor Ehrlichkeit und Integrität getrieft".

Ebenfalls geschockt sind seine Freunde. Sullivan, ein verheirateter Mann und Großvater, war lange Zeit, von 1984 bis 2002, ein angesehener Bürger, der in der Stadt viel Respekt genoss. 1989 wurde er zur Berühmtheit in den USA: Er durchbrach mit einem Jeep wagemutig den Gartenzaun eines Hauses, um zwei Hilfssheriffs und einen Jungen aus der Gewalt eines bewaffneten mordverdächtigen Geiselnehmers zu befreien. Das Fernsehen übertrug die dramatische Rettungsaktion damals live. Wenn in den USA sein Name fiel, zogen Kriminelle sinnbildlich ihre Köpfe ein, denn er galt auch in Fachkreisen als nationaler Experte für terroristische Angriffe, die über das Internet geplant werden. Nach dem Blutbad im April 1999 an der Columbine High School in Littleton nahe Denver, bei dem zwei Amok laufende Jugendliche zwölf Mitschüler töteten, heuerte ihn der Bezirk Cherry Creek als Direktor für Schulsicherheit an. Im Jahr 2008 kündigte Sullivan - ohne Angabe von Gründen.

Immer mehr Details aus Sullivans Doppelleben kommen ans Licht

Offenbar führte Patrick Sullivan - auch "Hollywood Pat" genannt, da er stets die Nähe der Fernsehkameras suchte - schon seit Jahren ein Doppelleben. Bei einer Hausdurchsuchung wurde jetzt sehr viel pornografisches Material über Sex mit Homosexuellen gefunden. Der Besitz ist jedoch nicht strafbar. Darüber hinaus wurde bekannt, dass Sullivan schon 2008 bei einer Geschwindigkeitsübertretung erwischt wurde - er war auf dem Weg zum Denver's Cleesman Park, einem Treffpunkt für Homosexuelle. Sullivan soll außerdem längere Zeit mit einem Mann liiert gewesen sein. Er zahlte sogar dessen Sozialversicherung.

Die "Denver Post" berichtet weiter, dass sich der Ex-Sheriff vor einem Jahr angeblich einen Drogenabhängigen in sein Haus holte, unter dem Vorwand, ihm zu helfen. Der Mann zog jedoch schnell wieder aus und lebt jetzt in einen Männerwohnheim.