Aus den Trümmern wurden auch Mutter und Großmutter befreit. Bislang 432 Tote

Ercis. Ein Wunder inmitten der Katastrophe: Zwei Tage nach dem Erdbeben in der Türkei haben Einsatzkräfte gestern ein zwei Wochen altes Baby und wenig später auch dessen Mutter und Großmutter lebend aus den Trümmern geborgen. Fernsehbilder zeigten, wie die Retter die kleine Azra Karaduman aus dem Schutt eines eingestürzten Wohnhauses in der Stadt Ercis hoben und in eine Decke gewickelt den Sanitätern übergaben. Die Zahl der Todesopfer durch das Beben der Stärke 7,2 am Sonntag stieg gestern auf 432. Mehr als 1300 Menschen wurden verletzt.

Die Rettungskräfte applaudierten, als Azra ans Licht geholt wurde. Ob auch der Vater überlebte, ist noch unklar. Hunderte Rettungskräfte suchten in den am schwersten betroffenen Städten Ercis und Van weiter nach Opfern. Sie fanden nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Dogan gestern mindestens sieben Überlebende, entdeckten aber auch viele Leichen. In zwei Stadien bauten die Behörden Hunderte Zelte auf. Viele Menschen übernachteten trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt im Freien, um in der Nähe ihrer Häuser auf Nachricht von vermissten Angehörigen zu warten oder um ihr Eigentum zu bewachen.

Mehr als 2000 Gebäude seien bei dem Beben eingestürzt, teilte das Büro des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan mit. Hunderte Helfer sind im Einsatz, der Türkische Rote Halbmond verteilt Zelte und Decken und richtet Suppenküchen ein.

Nach einem heftigen Nachbeben ist gestern in einem Gefängnis in der Stadt Van ein Aufstand ausgebrochen. Die Häftlinge zündeten Betten an, nachdem sich die Aufseher geweigert hatten, sie nach dem Beben der Stärke 5,4 aus ihren Zellen herauszulassen. Sicherheitskräfte umstellten das Gefängnis, in dem Platz für bis zu 1000 Häftlinge ist. Bereits am Sonntag konnten mehrere Insassen entkommen, nachdem eine Gefängnismauer eingestürzt war.