Peking. Der unglaubliche Fall der kleinen Wang Yue, 2, in der südchinesischen Stadt Foshan hat in dem asiatischen Land eine Diskussion über Moral ausgelöst. Das Mädchen, das inzwischen hirntot ist und nur durch Maschinen am Leben gehalten wird, war von einem Lieferwagen zweimal überrollt worden. Danach fuhr noch ein Schwertransporter über das Kind - niemand half. Aufnahmen der Videoüberwachung zeigen, wie insgesamt 18 Menschen die Schwerverletzte einfach ignorierten. Erst nach sieben Minuten griff ein Müllmann ein und alarmierte die Rettung - sieben Minuten der Schande.

Die staatlichen Medien äußern ungewohnt deutlich ihre Empörung. "An diesem Tag ist ganz Foshan mit Schande überzogen worden", schreibt die Parteizeitung "Foshan Ribao". Der TV-Sender Phoenix bezeichnet die Passanten als "Tiere". "Unser Moralsystem zeigt Risse", schreibt die Zeitung "Global Times". Die "Yancheng Abendzeitung" mahnt: "Jeder von uns kann eines Tages einer dieser Passanten sein - bitte haltet an." Im Internet wird die Debatte sehr viel schärfer geführt. Der Blogger Lian Yue gibt etwa der Partei und ihrer Politik der Unterdrückung eine Mitschuld an dem moralischen Verfall. Der Politologe Tang Hao argumentiert: "Wenn die Öffentlichkeit nicht dazu erzogen wird, sich um öffentliche Angelegenheiten zu kümmern, wenn Teilhabe an öffentlichen Angelegenheiten nicht ermutigt wird und wenn freie Meinungsäußerung nicht möglich ist, dann werden die Menschen auch keine Verantwortung übernehmen."

Die Eltern der kleinen Wang Yue wachen seit dem Unfall am Bett ihrer Tochter. Anfangs schien es, als könne das Mädchen gerettet werden. Eine trügerische Hoffnung. Die Eltern können nur noch entscheiden, wann die Maschinen abgestellt werden. Die Polizei sucht nun nach den 18 Passanten, um sie zur Rechenschaft zu ziehen.