Mit dem Verbot der Hells Angels in Frankfurt will Hessens CDU-Innenminister Boris Rhein die Rockergruppe zerschlagen. Und sich selbst als durchsetzungsstark präsentieren.

Wiesbaden/Frankfurt. Bei einer geheimen Großrazzia im vergangenen Dezember in Frankfurt wurden die Beamten von den Hells Angels höhnisch mit der Aufschrift „Willkommen Polizei“ empfangen. Dann tauchten vor wenigen Tagen geheime Polizeiprotokolle von abgehörten Gesprächen auf, in denen sich ein Mitglieder der „Höllenengel“ positiv über ein Gespräch mit Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) äußerte. Mit dem Verbot der beiden Frankfurter Ortsgruppen (Charter) der Hells Angels will der als forsch geltende CDU-Politiker nun das Heft wieder fest in die Hand nehmen.

„Im Zentrum ihrer Tätigkeit stehen Drogenhandel, Prostitution und Menschenhandel“, begründete Rhein am Freitag in Wiesbaden seine Offensive. In den vergangenen Tagen hatte der Minister noch mehrfach Spekulationen über angebliche Kontakte zu den Hells Angels im Zusammenhang mit einem Informationsbesuch wegen der Straßenprostitution im Frankfurter Bahnhofsviertel empört zurückgewiesen und als „ehrabschneidend“ bezeichnet.

Die beiden Charter „Westend“ und „Frankfurt“ bilden laut Rhein mit rund 90 Mitgliedern eine „geschlossene Gesellschaft“ mit einem mafiaähnlichen Schweigegebot („Omertá“). Sie kontrollieren nach Einschätzung aus Polizeikreisen große Teile des Frankfurter Rotlichtviertels am Hauptbahnhof. Rhein sprach von „lupenreinem organisierten Verbrechen“, ohne jedoch Details zu nennen. Die Mitglieder der Frankfurter Hells Angels sind jedoch seit Jahren in Drogendelikte verwickelt. Mehrere standen vor Gericht. Im Oktober 2009 wurde ein Hells Angel im Taunus-Ort Usingen vermutlich von einem anderen Mitglied angeschossen.

Das Verbot sei ein „unmissverständliches Signal, dass ein Staat im Staat nicht geduldet wird“, betonte Rhein. Am Donnerstagabend wurden mit der Zustellung des Verbots die Vereinszeichen in den Clubs in Frankfurt abmontiert und die Konten der Gruppen eingefroren. Allerdings konnte Landespolizeipräsident Udo Münch an Freitag nichts über das tatsächliche Vermögen der Hells Angels sagen.

Der Innenminister geht zwar davon aus, dass die Aktionsfähigkeit der Hells Angels nun drastisch eingeschränkt ist. Doch er weiß, dass Verbote eine zweischneidige Sache sind. Die Frankfurter Ortsgruppen dürfen zwar keine Ersatzorganisationen gründen, die Mitglieder können sich aber den nicht verbotenen Charter in Offenbach, Hanau oder Darmstadt anschließen. Die Hells Angels können gegen das Verbot auch klagen. Die monatelangen Ermittlungen seien jedoch „gerichtsfest“, versicherte der CDU-Politiker.

+++ Die Hells Angels +++

Seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr muss sich der Innenminister, der mit seinen 40 Jahren als Zukunftshoffnung in der hessischen Union gilt, mit Polizeiskandalen herumschlagen. Dazu gehört auch, dass im vergangenen Dezember fünf Beamte in den eigenen Reihen als Informanten der Hells Angels enttarnt wurden. Ein hochrangiger Beamter des Landeskriminalamts (LKA) soll Polizei-Interna für rund 10 000 Euro verkauft haben. Wie Rhein am Freitag sagte, sind gegen drei Polizisten Dienstenthebungsverfahren eingeleitet worden. In einem Fall liege bereits eine Verurteilung vor.

Wer die geheimen Polizeiprotokolle über die abgehörten Gespräche der Öffentlichkeit zugespielt hat, bleibt unklar. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Geheimnisverrats. Rhein war bei seinem Besuch im Bahnhofsviertel im vergangenen Jahr offensichtlich von einem Bordellbesitzer angesprochen worden, der zu den Hells Angels gehörte. Später äußerte sich dieser dann positiv über den CDU-Politiker, sich gerne als durchsetzungsfähig darstellt. Beim Einsatz am Donnerstagabend gegen die Hells Angels blieb Rhein aber auf Distanz: „Ich habe mir mal aus der Entfernung angeschaut, was da so passiert.“

(dpa/abendblatt.de)