Die Umweltschützerin Wangari Maathai war eine Pionierin. Für ihr Umwelt-Engagement erhielt sie als erste Afrikanerin den Friedensnobelpreis.

Nairobi. Legenden umrankten sie schon zu Lebzeiten. Die Nobelpreisträgerin Wangari Maathai hat sie oft dementiert. Und doch werden sie jetzt in den Meldungen über ihren Krebstod mit 71 Jahren wieder erzählt. Dass sie nackt gegen das Regime von Kenias Langzeitpräsident Daniel arap Moi demonstriert habe, das ist so eine Legende. Demonstriert hat sie häufig. Für Mehrparteienwahlen. Für die Freiheit politischer Gefangener. Gegen das Abholzen von Wäldern. Aber nie nackt.

Als sich die 14 "Mütter der Freiheit" 1992 in der City von Nairobi auszogen, um nach Art der Kikuyus die brutalen Polizisten zu verfluchen, die sie mit Knüppeln davon abbringen wollten, für die Entlassung ihrer Söhne aus Folterzellen zu demonstrieren, da war Wangari Maathai schon bewusstlos. Getroffen offenbar von einer Tränengaspatrone. Sie war streitbar und hartnäckig. Aber nackt zu demonstrieren war nicht der Stil der frommen Katholikin.

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1940 als erste Tochter von sechs Kindern eines Bauern geboren, wuchs sie im Schatten des Mount Kenya auf, lernte früh Verantwortung zu übernehmen. Eine ruhige Kindheit war es ohnehin nicht, als sich die Mädchen im Mau-Mau-Befreiungskrieg nachts im Wald verstecken mussten. Sie hatten Angst vor Übergriffen durch die Söldner der britischen Kolonialisten. Von irischen Nonnen erzogen, ergatterte Mary Wangari Muta, wie sie damals hieß, in den 60er-Jahren einen der begehrten Studienplätze in den USA.

Von der Biologie wechselte die Gewebekundlerin später zur Veterinärmedizin. Sie wurde nach Studien in Gießen und München die erste Frau in ganz Ost- und Zentralafrika, die promovierte, später die erste Professorin. Damit begann ihr Leben in der Öffentlichkeit, worunter sie zu leiden hatte, als ihre Scheidung von dem Parlamentsabgeordneten Mwangi Maathai zu einer Schlammschlacht in den Medien ausartete. Seitdem hieß sie in der OberklasseKenias "die Geschiedene".

Doch sie drehte den Spieß bald um und lernte, die Öffentlichkeit im eigenen Interesse zu nutzen. Als der autokratische Daniel arap Moi im letzten innerstädtischen Park Nairobis Afrikas höchstes Hochhaus errichten wollte, da erhob Wangari Maathai Klage, und es gelang ihr, den Bau zu verhindern. Die von ihr und dem kenianischen Frauenrat 1977 gegründete Ökoinitiative namens "Grüngürtel-Bewegung" kämpfte immer wieder gegen die korrupte Landnahme durch Kenias Elite.

Als gebildete Vertreterin der Kikuyu-Ethnie hätte Maathai Teil dieser Elite sein können, aber sie wählte einen anderen Weg. Geschieden. Drei Kinder. Politisch verfolgt. Manchmal hatte sie Todesangst. Es war kein leichter Weg. Er brachte sie mindestens zwölfmal in Polizeizellen, oft wurde sie misshandelt, öffentlich als verrückt und "Agentin" ausländischer Interessen verleumdet. Nie wurde sie verurteilt. Je prominenter sie wurde, desto freier konnte sie agieren. Leute wie Gorbatschow, Al Gore, Kofi Annan hielten ihre schützende Hand über sie.

Ihre Grüngürtel-Bewegung baute sie mit internationaler Unterstützung zu einer länderübergreifenden Ökologiebewegung aus, die ihre Stärke jedoch vor allem daraus bezog, dass die Teilnehmerinnen unmittelbar profitierten. Holz, Wasser, Schutz vor Stürmen - Wangari Maathai legte immer großen Wert auf greifbare Resultate ihrer politischen Arbeit. Dass sie sich zeitweilig selbst ein Gehalt aussetzte und später ihre Tochter in die Führung der Bewegung brachte, kritisierten nur wenige.

Ihr Charisma und ihre Verdienste für die Demokratisierung Kenias sind unbestritten. "Mutter der Bäume" hieß sie im Volksmund, Mama Miti. "Was soll ich machen", sagte sie einmal zu diesem Titel, "ich habe ja nie etwas anderes getan." Aus der kleinen Baumschule ihres nationalen Frauenrats wurde in 34 Jahren eine Kette von 600 Frauengruppen, die bislang an die 40 Millionen Bäume gepflanzt haben sollen. Für das extrem von Dürre geplagte Kenia sind solche Aufforstungen wichtig.

Deshalb war es ein wichtiges Signal, dass Präsident Kibaki nach seinem Wahlsieg 2002 die Ikone der Frauen- und Bürgerrechtsbewegung, Maathai, in sein Kabinett berief. Doch auch als stellvertretende Umweltministerin und seit 2004 mit dem Prestige einer Friedensnobelpreisträgerin gelang es ihr nicht, im politischen Establishment Fuß zu fassen.

In der jüngsten Vergangenheit war es still um sie geworden. Der Krebs kostete Kraft. Angela Merkel hat das Lebenswerk der Kenianerin gewürdigt. "Die Bundeskanzlerin gedenkt Wangari Maathais mit Hochachtung, und ihre Anteilnahme gilt ihrer Familie", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Das Lebenswerk Wangari Maathais ist bedeutend, und dieses Lebenswerk wird überdauern."