Von 2012 an ist die Corrida verboten. Die Jugend meidet die Arenen schon und auch die Stiere sind nicht mehr das, was sie mal waren.

Barcelona. Wenn Serafín Marín an diesem Sonntag beim Stierkampf in Barcelona dem letzten von sechs Stieren den Todesstoß versetzt, geht eine Epoche zu Ende. Danach wird es in Katalonien, der wirtschaftsstärksten Region Spaniens, keine Stierkämpfe mehr geben. Die Fiesta in der Arena La Monumental ist die letzte der diesjährigen Saison. Danach tritt am 1. Januar 2012 das Stierkampfverbot in Kraft, das das katalanische Parlament vor gut einem Jahr für die Region in Nordostspanien verabschiedet hatte. Zwei Drittel der Spanier sehen darin den Anfang vom Ende des Stierkampfs in ihrem Land.

"Ich bin sehr traurig, wenn ich daran denke, dass ich den letzten Stier in der Arena von Barcelona töten werde", sagte der Torero, der selbst aus Katalonien stammt, der Zeitung "El Mundo". "Ich werde mich künftig wie ein Verfolgter fühlen, wie ein Torero im Untergrund, der in seiner Heimat seinen Beruf nicht ausüben darf."

Als die Parlamentarier im Juli 2010 das Verbot beschlossen, hatten sie nicht allein an das Wohl der Tiere gedacht. Es spielten auch andere Motive eine Rolle. Katalanische Nationalisten betrachten den Stierkampf als etwas typisch Spanisches und lehnen die Corrida auch aufgrund antispanischer Ressentiments ab. Zudem nahm das Parlament die umstrittene Tradition der Correbous von dem Verbot ausdrücklich aus. Dabei handelt es sich um Stiertreiben, die auf Volksfesten in bestimmten katalanischen Gemeinden stattfinden und bei denen Stiere auf verschiedene Weise gequält oder gejagt werden.

***Regierung wertet Stierkampf nach Verbot wieder auf***

Außerdem war der Stierkampf in Katalonien ohnehin bereits tot, bevor er verboten wurde. Die Arena in Barcelona war zuletzt die einzige in der Region, die noch in Betrieb war. Die Reihen waren bei Kämpfen zumeist nicht einmal zu einem Drittel gefüllt. Andere Städte wie Gerona, Figueras oder die Urlauberhochburg Lloret de Mar ließen ihre Arenen schon vor Jahren abreißen, weil sich kaum jemand für die Kämpfe interessierte. Zu groß war die Abneigung der Touristen gegen das grausame Spektakel. Und zunehmend sahen auch viele Spanier die Tradition kritischer.

Auch im übrigen Land steckt der Stierkampf in einer schweren Krise. Von 2007 bis 2010 ging die Zahl der Festivals im ganzen Land um 34 Prozent auf 1700 zurück. Die große Mehrheit der jungen Spanier sucht sich ihre Idole lieber bei den Popstars oder Fußballspielern als bei den Toreros. Die Besucher der Stierkampfarenen sind überwiegend ältere Leute. "Unser Problem ist nicht das Stierkampfverbot in Katalonien", sagt Fernando Garrido, Generalsekretär eines Stierkämpferverbandes. "Wir haben es nicht verstanden, die jungen Leute anzusprechen."

Experten machen auch die Züchter der Stiere für den Niedergang der Branche verantwortlich. "Der Kampfstier ist nicht mehr das, was er mal war", schreibt der Kritiker Antonio Lorca in der Zeitung "El País". "Er ist - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht mehr ein mächtiges und stolzes Tier wie früher, sondern ein kranker Invalide." Lorca führt das darauf zurück, dass die Züchter die Stiere so herrichteten, wie die Toreros es wünschten - möglichst ungefährlich.

Dabei werden die Tiere schon matt gesetzt, bevor sie überhaupt die Arena betreten. Peter Höffken von der Tierschutzorganisation Peta weiß, dass den Stieren Vaseline in die Augen geschmiert wird, damit sie nicht mehr richtig sehen können. "Es wird auf ihre Nackenmuskulatur eingestochen, damit sie den Kopf gebeugt halten und nicht so gefährlich sind", sagt Höffken. In der Arena werden die Stiere so lange mit Lanzen traktiert, bis sie halb verblutet sind. "Zum Schluss sollte der Torero ihnen mit dem Messer das Rückenmark durchtrennen. Das schaffen viele aber nicht, sodass die Tiere noch leben, wenn ihnen als Trophäe ein Ohr abgeschnitten wird." Den letzten Kampf in Katalonien sieht er als "Wendepunkt gegen die grausamste aller Tierdarbietungen. Die Stierkämpfe und Stierrennen sind eine Schande für Spanien, die nicht zu dem Bild einer modernen europäischen Nation passt", sagt Höffken.