Olaf H. hat den Mord an Mirco gestanden. Doch sein Motiv ist rätselhaft. Zeugen greifen Gerüchte auf, das Gericht zweifelt an den Geständnisvarianten.

Krefeld. Im Prozess um die Ermordung des zehnjährigen Mirco aus Grefrath ist das Gericht einer seit Wochen kursierenden Spekulation nachgegangen. Es ging um die Frage, ob der Angeklagte möglicherweise mit einem falschen Geständnis ein Familienmitglied schützt. An den unterschiedlichen Versionen, mit denen Olaf H. die Tat gestanden hat, hegt das Krefelder Landgericht erhebliche Zweifel. Das Gericht lud überraschend zwei Ex-Frauen des mutmaßlichen Mörders Olaf H. erneut in den Zeugenstand. Hintergrund ist, dass auf einem Computer im Haus des Angeklagten Pornografie mit Minderjährigen gefunden worden war. Olaf H. hatte stets bestritten, dass die Bilder von ihm stammen.

Eine der Ex-Frauen hatte zudem ausgesagt, sie könne sich vorstellen, dass Olaf H. mit seinem Geständnis jemanden schütze . Sie habe dafür zwar keinen konkreten Anhaltspunkt, ihr fehle aber einfach die Vorstellungskraft, dass ihr Ex-Mann den Mord begangen haben könne, erläuterte sie am Montag bei ihrer erneuten Vernehmung auf Nachfrage des Gerichts.

Für Zeugenaussagen zum Intimleben des betreffenden Familienmitglieds schloss das Gericht die Öffentlichkeit aus. Im Nachgang gab der Richter bekannt, dass sich aus den Vernehmungen keinerlei Verdachtsmomente ergeben hätten, die die Spekulation erhärten würden. Zwei Polizisten, die etwas zu dem Bilderfund hätten sagen können, wurden als Zeugen wieder ausgeladen.

Das Gericht gab bekannt, dass es nach vorläufiger Bewertung nicht davon ausgeht, dass Olaf H. die Tat - wie von ihm geschildert - als unmittelbare Reaktion auf ein hitziges Telefonat mit seinem Chef begangen hat. Der Vorgesetzte konnte anhand von Handy-Rechnungen belegen, dass er am Tattag entgegen der Behauptung von Olaf H. gar nicht mit diesem telefoniert hatte.

Auch verwarf die Kammer die Variante, Olaf H. habe Mirco aus Wut über eine ausgebliebene Erektion umgebracht. Ebenso wenig glaubt das Gericht, Mirco sei Olaf H. rein zufällig über den Weg gelaufen und er habe ihn zunächst nur beruhigen wollen.

Die Anwältin von Mircos Eltern, die in dem Verfahren als Nebenkläger auftreten, erklärte, die Tatsache, dass in dem Prozess „nicht der Hauch eines Ansatzes für ein Motiv“ erkennbar sei, mache es den Eltern zusätzlich schwer. Mircos Eltern nahmen nach längerer Pause am Montag erstmals wieder am Prozess teil. Der Anwalt von Olaf H., Gerd Meister, sagte: „Es gibt Täter, die vielleicht gar nicht genau wissen, warum sie etwas machen.“

Am Freitag soll der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten erstatten, in der kommenden Woche sind die Plädoyers und das Urteil geplant. Seit mehr als zwei Monaten steht Olaf H. vor dem Krefelder Landgericht, angeklagt als der Mann, der den zehnjährigen Mirco aus Grefrath am 3. September 2010 auf dessen Nachhauseweg entführte, missbrauchte und ermordete. Olaf H. hat zehn Varianten des Geschehens abgeliefert. Bis zum Mord war er strafrechtlich unbescholten und unauffällig.