Oslo. Besuch der besonderen Art: Eineinhalb Stunden hat sich ein Eisbär an Bord des Schiffes "Hydrograf" mit einem Abfallcontainer beschäftigt. Dabei ließ sich das Tier alle Zeit der Welt. Die "Hydrograf" gehört dem norwegischen Seekarteninstitut und lag zu diesem Zeitpunkt im Wahlenbergfjord von Spitzbergen vor Anker.

Der Kartenzeichner Jim Stokmo war der Erste, der den blinden Passagier entdeckte. "Ich weckte erst den Kapitän, dann die ganze Mannschaft. Das mussten einfach alle sehen! Der Bär hat sich vor allem für unseren Abfallcontainer interessiert, aber er kletterte auch auf eines unserer Beiboote und machte eine Antenne kaputt. Wir verjagten den Bären nicht, weil wir alle sicher auf der Brücke standen und uns dieses Schauspiel in Ruhe anschauen konnten", erzählte er.

Der Bär war für die Mannschaft kein Unbekannter. Bereits seit fünf Tagen hatte er das Boot von Land aus beobachtet, bis dann die Neugier - und wahrscheinlich auch der Hunger - endgültig siegten. Zoologen schätzen aufgrund seiner Größe, dass er drei Jahre alt ist. Obwohl der Bär offensichtlich Hunger hatte, schaute er gut genährt und wohl gelaunt aus.

Bis 1973 durften die Bären gejagt werden, heute werden sie auf Spitzbergen nur noch getötet, wenn akute Gefahr besteht. Inzwischen hat der Mensch jedoch gelernt, auf die durch die Klimaveränderung bedrohten Tiere richtig zu reagieren. So starben in den 80er-Jahren jährlich noch etwa neun Bären, weil sich Menschen angegriffen fühlten. Heute sind es nur noch ein bis zwei Bären pro Jahr. Im gesamten nördlichen Polargebiet leben rund 25 000 dieser Tiere, 3000 davon auf Spitzbergen. Da es in den Sommermonaten immer mehr Treibeis gibt, kommen die Bären den Siedlungen seit einigen Jahren gefährlich nahe. Sie erreichen sozusagen völlig ungewollt bewohnte Gebiete, weil die Eisschollen, auf denen sie sitzen, sie dorthin bringen.