Bislang hat Mircos mutmaßlicher Mörder hartnäckig geschwiegen. Doch Ex-Kollegen lockten ihn nun mit einigen Bösartigkeiten aus der Reserve.

Krefeld. Der mutmaßliche Mörder des kleinen Mirco hat sein Schweigen gebrochen und erstmals im Prozess ausführlich zum Geschehen vor der Tat Stellung genommen. Er habe sich am Tattag frei genommen, weil seine Tochter krank gewesen sei, sagte der damalige Telekom-Manager am Montag vor dem Krefelder Landgericht. Dennoch habe ihn sein Chef an jenem Freitag angerufen und einen neuen Statusbericht über ein Projekt von ihm verlangt.

Als er ihn daran erinnert habe, dass er frei habe und sich um seine kranke Tochter kümmern müsse, sei der Vorgesetzte ausfallend geworden. „Es ist mir scheissegal, was mit deiner blöden Tochter ist“, habe er gesagt. Er habe dann das Telefonat beendet und den Bericht angefertigt, sagte der 45-Jährige. Der Vorsitzende Richter Herbert Luczak zeigte sich verwundert, dass der Angeklagte erst am Montag mit Details des Telefonats aufwartete.

Olaf H. hatte in seinem Geständnis bei der Polizei behauptet, Mirco umgebracht zu haben, um damit den beruflichen Stress und Druck abzureagieren. Die Polizei hatte dies zunächst als Tatmotiv genannt, war später aber zurückgerudert, weil der angeblich despotische Vorgesetzte am entscheidenden Tag im Urlaub gewesen sei.

Eine Ex-Kollegin sagte am Montag aus, Olaf H. habe ständig mit kuriosen Ausreden Termine platzen lassen. So habe er in kurzer Zeit zwei Mal seine Abwesenheit mit Fehlgeburten seiner Frau begründet. Daraufhin hatte der Angeklagte das Wort ergriffen und betont, dass es sich nicht um Ausreden gehandelt habe: Seine Frau sei nach einer künstlichen Befruchtung mit Zwillingen schwanger gewesen. Beide Föten habe sie nacheinander verloren. Danach sei sie psychologisch betreut worden.

Mehrere Ex-Kollegen berichteten am Freitag, dass Olaf H. als Telekom-Manager überfordert gewesen sei. Dies sei auch der Grund für seinen zur Tatzeit bereits feststehenden Wechsel innerhalb des Unternehmens gewesen, schilderten Ex-Kollegen des Telekom-Managers. „Der Olaf hat sich zuviel zugemutet“, sagte ein ehemaliger Vorgesetzter.

„Man sah ihm an, dass er gestresst war“, sagte eine Kollegin. Sein damaliger Vorgesetzter in München sei kein einfacher Chef gewesen und schon mal polternd. Olaf H. sei „an seine Grenzen gestoßen“ und unglücklich mit der Situation gewesen, sagte ein 41-jähriger Kollege. Er habe ihm zum Wechsel geraten, weil Projektergebnisse „katastrophal“ gewesen seien. „Er hätte seinen Namen verbrannt, wenn es so weitergelaufen wäre“. Der Angeklagte sei auch zu einem „Personalgespräch“ in eigener Sache nach München geflogen.

Schon am Freitag war der damalige Telekom-Manager von seinen Kollegen sehr unterschiedlich beurteilt worden: Die Zeugenaussagen variierten zwischen „nett, lustig und hilfsbereit“ bis „Blender, Lügner, unsympathisch, machtbewusst und eiskalt“. Auch über die Frage, wie sehr der Angeklagte zur Tatzeit unter Stress stand, gingen die Meinungen auseinander. Während Kollegen von „extremem Druck“ berichteten, beschrieben andere den 45-Jährigen als faul und unzuverlässig.

Olaf H. hat die Tat zwar gestanden, sich bei seinen verschiedenen Versionen aber in Widersprüche verwickelt. Mirco war am 3. September 2010 auf dem Nachhauseweg entführt und ermordet worden. Nach fünf Monaten hatten die Ermittler den bis dahin unbescholtenen Familienvater Olaf H. in Schwalmtal festgenommen.

Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt. Dann sollen die Vorgesetzten von Olaf H. als Zeugen gehört werden. Mit dem Urteil wird Ende September gerechnet. (dpa)