MTV Award für Britney Spears - trotz privater Skandale

Los Angeles. Ein Mann, klein, schwarze Haare, Anzug. Bier trinkend und eine Zigarette qualmend eröffnet er die 28. MTV Video Music Awards in Los Angeles. Verwundert fragt sich das Publikum, wen MTV da diesmal als Moderator auf die Bühne geschickt hat. Als er beginnt, Lady Gagas "You & I" zu singen, wird schnell klar, dass es sich bei dem jungen Herrn wohl um ihr Alter Ego, dem sie den Namen Jo Calderone gegeben hat, handeln muss.

Lady Gaga, 25, trat an diesem Abend im Nokia Theatre als Mann verkleidet auf. Sie wollte Britney Spears, 29, küssen, was die Schlagzeile des Abends hätte werden können. Die Pop-Prinzessin konnte sich dem Herrn jedoch in letzter Sekunde entwinden. Somit war der Sängerin Beyoncé Knowles, 29, die Schlagzeile des Abends sicher: Als sie sich nach ihrem Auftritt über den Bauch streichelte, begriff Rapper Kanye West als Erster die gute Babynachricht und gratulierte seinem Sitznachbarn, dem werdenden Vater und Boyoncé-Ehemann Jay-Z, 41, überschwänglich.

Eine Schwangerschaft als Höhepunkt des Abends beweist die Einzigartigkeit der Awards. Hier lief alles schon immer ein wenig anders. Berühmt wurde die Show vor allem wegen der verrückten Momente, die jede Preisverleihung zu etwas ganz Besonderem machen. Die Trophäe, der sogenannte Moonman - die silberne Statue eines Astronauten der auf dem Mond eine MTV-Flagge drapiert -, ist seit jeher eher Nebensache, wenn der Sender die besten Musikvideos auszeichnet.

Legendär war der Moment, als Kurt Cobain, der 1994 verstorbene Frontmann der Band Nirvana, Elton John 1992 aufs Klavier spuckte - er dachte, es sei das Instrument des verfeindeten Axl Rose. Auch an den Kuss zwischen Britney Spears und Madonna bei den Awards 2003 erinnern sich noch viele. Die Pop-Königin Madonna hatte damit den Staffelstab symbolisch an die Prinzessin weitergegeben. Für Spears führte die Inszenierung zu einem weiteren Karrieresprung. Der Kuss hatte bedeutenden Einfluss auf die MTV-Kultur. Weil die prüden Amerikaner ein Tabu in ihm sahen, wurde er immer wieder im Fernsehen gezeigt. So wurde der Kuss zu einem Synonym der Awards. Möglicherweise wurde Spears deshalb jetzt wieder eine Auszeichnung verliehen - und zwar fürs Lebenswerk.

Die Bedeutung eines Künstlers für die Geschichte des Senders ist das Kriterium, um den Video Vanguard Award zu erhalten. Ob der Preis anderenfalls verdient gewesen wäre, ist zweifelhaft. Immerhin machte Spears in den vergangenen Jahren nicht nur mit Drogengeschichten und einer Blitzehe auf sich aufmerksam, sondern verlor auch das Sorgerecht für ihre Kinder, da das amerikanische Jugendamt der Sängerin die Fähigkeit abstritt, sich angemessen um die Söhne zu kümmern. Viele mögen zudem daran zweifeln, ob man mit 29 Jahren reif für einen Lebenswerk-Award ist, allerdings scheint Alter für MTV kein Kriterium zu sein. Als Madonna 1986 den gleichen Award überreicht bekam, war sie erst 28 Jahre alt, und Janet Jackson, 45, war grade 24, als sie ausgezeichnet wurde. Neben ihnen erhielten die Beatles, U2 und die Rolling Stones den Preis.

Hauptgewinnerinnen des Abends waren die britische Sängerin Adele, 23, und Katie Perry, 26, mit jeweils drei Mondmännern. Obwohl Perry, die in neun Kategorien nominiert worden war, stark hinter den Erwartungen zurückblieb, konnte sie dennoch punkten: Mit einem gelben Dior-Würfel auf dem Kopf holte sie sich ihren Award für das beste Video des Jahres ab. Begleitet wurde die Sängerin von ihrem Ehemann Russell Brand. Gemeinsam mit der Jazz-Legende Tony Bennett gedachte er der Soul-Sängerin Amy Winehouse, die im Juli im Alter von nur 27 Jahren gestorben war. Brand: "Wenige Menschen haben das unglaubliche Talent, mit dem Amy gesegnet war."

Weitere Gewinner waren die baldige Mama Beyoncé, der "Mann" Lady Gaga sowie Teenieschwarm Justin Bieber mit neuer Kurzhaarfrisur. In ihren jeweiligen Kategorien konnten sich die Rocker der Foo Fighters und die Hip-Hopperin Nicki Manaj mit ihren Videos durchsetzen. In der Kategorie "Best New Artist" wurde der Newcomer "Tyler, the creator", 20, ausgezeichnet. Sein Jubel ließ fast vergessen, dass der Sender MTV immer weniger Videos zeigt.