Neapel. Er war einer der ersten Weltreisenden, entdeckte fremde Länder, schrieb den ersten Reiseführer der Geschichte. Bis heute ist Marco Polo, der von circa 1255 bis 1324 lebte, ein italienischer Nationalheld. Nun rütteln Archäologen an seinem Denkmal. Ein Team der Universität Neapel stieß bei Ausgrabungen in Japan auf Hinweise, dass Marco Polo längst nicht so weit umherkam, wie er selbst behauptete.

Demnach soll der venezianische Abenteurer im 13. Jahrhundert statt nach China nur bis ans Schwarze Meer gekommen sein. Dort habe er von befreundeten Händlern Geschichten aus Japan, China und der Mongolei aufgeschnappt, aus denen er angeblich sein berühmtes Buch "Die Reisen des Marco Polo" zusammenstellte, in dem er seine Abenteuer im fernen Osten beschreibt.

"Während unserer Ausgrabungen in Japan kamen uns erste Zweifel an der Echtheit seiner Berichte", sagte Expeditionsleiter Daniele Petrella dem italienischen Magazin "Focus Storia". Als weitere Indizien führt der Professor an, Polos Status als Gesandter des mongolischen Herrschers Kublai Khan sei nirgends belegt, seine Berichte über Khans Eroberungszüge steckten voller Fehler. So beschreibt er ein Segelschiff mit fünf Masten, das angeblich bei der ersten Schlacht eingesetzt wurde. "Wir haben bei unseren Ausgrabungen nur Schiffe mit drei Masten gefunden", so Petrella.

Die Lügenthese ist nicht neu. Die britische Forscherin Frances Wood hatte 1995 in ihrem Buch "War Marco Polo in China?" das Fazit gezogen, der große Abenteurer sei in Wahrheit ein großer Märchenerzähler gewesen. (HA)