In London kam es in den vergangenen zwei Nächten zu schweren Ausschreitungen. Randalierer setzten Häuser und Autos in Brand.

London. Nicht nur in Tottenham kam es zu schweren Auschreitungen: In der Nacht zum Montag griffen im benachbarten Stadtteil Enfield Jugendliche einen Polizeiwagen an und warfen Fenster ein, wie die Agentur PA berichtete. Auch in anderen Bezirken wurde randaliert. Die Polizei sprach von "Trittbrettfahrern“, mehr als 160 Randalierer wurden festgenommen. Wie der Sender BBC berichtete, gab es die schwersten Krawalle im Südlondoner Stadtteil Brixton, wo mehr als 200 Jugendliche Geschäfte geplündert, Polizisten angegriffen und eine Spur der Verwüstung hinterlassen haben sollen.

Auch in Enfield in Nordlondon sowie in den Nordostlondoner Stadtvierteln Walthamstow und Waltham Forest gab es Probleme mit randalierenden Jugendgruppen. Einige Gegenden sind für soziale Probleme bekannt. Die Polizei hatte in weiten Teilen Londons ihre Patrouillen verstärkt.

In der Nacht zum Sonntag wurde das Londoner Stadtviertel Tottenham von einer Welle der Gewalt überrollt. Hintergrund der Ausschreitungen war der noch nicht vollständig aufgeklärte Tod eines 29-jährigen: Ein Polizist hatte den Familienvater am Donnerstag erschossen. Am Sonntag hatte die Polizei die Situation in Tottenham in den Griff bekommen. Nur noch einzelnen Gruppen von vermummten Randalierern gelang es, Läden zu Plündern oder kleinere Schäden anzurichten, berichtete die Polizei.

Randalierer setzten in der Nacht zum Sonntag in Tottenham Häuser, Geschäfte und Supermärkte in Brand, zündeten Polizeiautos und einen Doppeldecker-Bus an und plünderten Läden. Von einigen Häusern blieben nur die Grundmauern, von Fahrzeugen nur Stahlgerippe übrig.

"Wir sahen uns einer Gewalt gegenüber, wie wir sie in diesem Ausmaß nicht erwarten konnten“, sagte Adrian Hanstock von Scotland Yard. Die Downing Street sowie Innenministerin Theresa May verurteilten die Gewalt als "völlig unakzeptabel“.

Vorausgegangen war eine Demonstration von Einheimischen, die Antworten auf Fragen nach dem Tod des 29-Jährigen vermissten. Die Familie des Getöteten und deren Umfeld glaubt nicht an die Version der Polizei, der 29-Jährige habe aus einem Taxi heraus das Feuer eröffnet. Eine polizeiinterne Untersuchung ist im Gange.

Nach Angaben von Scotland Yard wurden nach den Ausschreitungen 55 Verdächtige festgenommen. 26 Polizisten und drei Zivilisten wurden verletzt. Die Polizei habe Kräfte zusammengezogen, um eine Fortsetzung der Gewalt zu unterbinden. "Die Verantwortlichen werden zur Rechenschaft gezogen“, sagte ein Polizeioffizier.

Der Sachschaden geht in die Millionen. Nach Berichten von Augenzeugen spielten sich dramatische Szenen ab. Familien mit kleinen Kindern mussten aus ihren Wohnungen in brennenden Häusern fliehen. "Es war wie im Krieg“, sagte ein Anwohner dem Sender Sky News.

Teile des Londoner Stadtteils Tottenham gelten seit Jahrzehnten als problematisch. Viele Kulturen, in ihren Heimatländern häufig verfeindet, treffen dort aufeinander. Bereits 1985 hatte es einen Aufsehen erregenden Aufstand gegeben, ein Polizist wurde erschossen. In den vergangenen Jahrzehnten war Tottenham als eines der Zentren der Londoner Bandenkriminalität bekannt. (dpa/dapd)