Wie die Stiftung des Rockmusikers ein bettelarmes Dorf in dessen Heimat Siebenbürgen unterstützt

Roades. Eine schmale, staubige Schotterstraße führt den Hügel hinauf ins rumänischen Roades oder Radeln, wie es früher hieß, als hier noch die Siebenbürger Sachsen in der Mehrheit lebten. Eine Viehherde versperrt kurz den Weg, dann, nach weiteren drei Kilometern taucht eine trutzige Kirche auf. Sie überragt den Weiler mit seinen ärmlichen Häusern. Dunkle Fensterhöhlen deuten darauf hin, dass einige schon lange nicht mehr bewohnt sind. Vor einem heruntergekommenen Lebensmittelgeschäft lungern ein paar Halbwüchsige herum und rauchen.

Ein paar Meter weiter, direkt unterhalb der mächtigen Kirche, wimmelt es dagegen von Menschen. Ein Radlader rangiert dort, Männer treten eine frisch gesäte Rasenfläche fest, andere stellen Bierbänke auf und errichten schattenspendende Pavillons und mittendrin: Peter Maffay.

Der Musiker hat in diesem entlegenen Dorf inmitten der sattgrünen siebenbürgischen Hügellandschaft ein neues Projekt seiner Stiftung angeschoben, das insgesamt Sechste seiner Art. Das Pfarrhaus von Radeln wurde zu einem Heim und Schutzraum für traumatisierte Kinder umgebaut. Aus einer fast verfallenen Remise wurde so ein schmucker Wohn- und Schlaftrakt mit 20 Betten, in dem die Kinder und ihre Betreuer unterkommen. Gleichzeitig hat die Peter-Maffay-Stiftung sich verpflichtet, die aus dem 14. Jahrhundert stammende Kirchenburg instand zu setzen und weitere Häuser in Radeln zu sanieren.

Maffay ist sichtlich stolz, als er die Besucher durchs umgebaute Pfarrhaus führt. Er hält sich an die Losung: "Schuhe aus!", denn der frisch verlegte Holzboden soll keine Kratzer bekommen, bevor die erste Kindergruppe durch die hohen Räume tollen darf.

Auch das neue Ärztehaus ist bereits fertig, die Otto-Bock-Stiftung wird noch eine Werkstatt einrichten, in der moderne Rollstühle gefertigt werden, die BayWa-Stiftung wird einen ökologischen Bauernhof einrichten; eine Metzgerei und eine Werkstatt für landwirtschaftliche Geräte sind ebenfalls geplant. "Die Menschen hier sind arm, viele arbeitslos, Jugendliche ohne Perspektive. Wir schlagen hier zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir wollen hier nicht nur ein Domizil für benachteiligte Kinder errichten, sondern den Dorfbewohnern eine neue Perspektive geben", sagt Maffay. Deutschstämmige leben hier jedoch kaum noch. Sie sind zu Zeiten der kommunistischen Herrschaft immer weiter vertrieben worden. Dafür wurden Roma angesiedelt.

Als am nächsten Tag die offizielle Einweihung und die Schlüsselübergabe gefeiert werden, sind eine ganze Reihe von Honoratioren nach Transsylvanien gereist: Aus Berlin kam Kulturstaatsminister Bernd Neumann, aus Bukarest der rumänische Außenminister Teodor Baconschi sowie seine attraktive Kabinettskollegin Elena Udrea, zuständig für Entwicklungshilfe. Seitdem sie Maffay vor drei Monaten zum ersten Mal getroffen hat, wird sie nicht müde, seine Energie und seinen Enthusiasmus zu loben. Seit mehr als zehn Jahren nutze Maffay schließlich schon seine Kontakte und seine Popularität für sein soziales Engagement.

Radeln hat sich herausgeputzt, die Dörfler haben sich schick gemacht. Viele sind in traditioneller siebenbürgischer Tracht erschienen, ein ganzer Ochse brät am Spieß, es gibt teuflisch süße Baumkuchen und der junge Mann am Zapfhahn arbeitet bei Kaiserwetter im Akkord. Die Atmosphäre ist ungezwungen. Der rumänische Außenminister, im veilchenblauen Hemd statt im Anzug, versorgt den deutschen Minister mit einem kühlen Hellen. Pfarrhaus und Kirche stehen im Mittelpunkt, so wie Maffay und seine Mitstreiter das erträumt haben, als sie vor zwei Jahren das Dorf entdeckten.

Einen rührenden Moment bekommt die Zeremonie, als Maffays Vater Wilhelm spontan die Bühne entert. Vor zwei Jahren hatte der Sohn noch große Mühe, den aus seiner Heimat Vertriebenen überhaupt nach Rumänien mitzunehmen, nun spricht der Vater von Versöhnung zwischen den Völkern und rührt seinen Sohn damit zu Tränen. Maffay räumt ein, dass es anfangs durchaus Skepsis bei den Dorfbewohnern gegeben habe. Doch er habe immer an den Erfolg dieser Initiative in seiner rumänischen Heimat geglaubt: 1949 wurde er im 100 Kilometer entfernten Kronstadt, dem heutigen Brasov, geboren, 62 Jahre später ist ernun nach Siebenbürgen zurückgekehrt. Als Impulsgeber, Antreiber und Brückenbauer.