Zum 125. Todestag Ludwigs II. von Bayern flammt wieder der alte Streit auf: Ertrank er oder wurde der schöngeistige König erschossen?

Starnberg. Der 13. Juni 1886 war ein rabenschwarzer Tag für alle Anhänger des Hauses Wittelsbach, denn an jenem Tag ging der ebenso depressive wie schöngeistige König Ludwig II. bei Berg ins Wasser des Starnberger Sees und ertrank. Dafür gab es sogar einen Augenzeugen: Dr. Bernhard von Gudden, Irrenarzt und persönlicher Psychiater des Königs. Dummerweise ertrank der ebenfalls in jener Nacht. Weil er den Monarchen retten wollte und der sich gar nicht retten lassen wollte? Vieles spricht dafür, sicher aber ist nix.

Nur für den geheimnisvollsten aller Geheimbünde, die Guglmänner, steht fest: Es war Mord! Diese königstreuen Untertanen - etwa 300 Namenlose sind sie, nach eigenen Angaben, die nur vermummt auftreten - hängen bis heute standhaft der These nach, dass der "Kini" bei einem Fluchtversuch im Wasser gemeuchelt worden sei. Von hinten feig und arglistig in den Rücken geschossen. Diese Frage, werfen die Guglmänner (Gugl = Kapuze) vor jedem Todestag aufs Neue auf, seit gestern ist es wieder so weit. Nur die Fragen, vor wem der "Kini" geflüchtet sein soll und vor allem warum, stellen sie nicht.

Auch ihre Forderung nach einer Exhumierung der sterblichen Überreste Ludwigs II. aus dem Sarg in der Gruft der Münchner Sankt-Michaels-Kirche wird ihnen nicht erfüllt. Nach Meinung der Guglmänner müsste man die Schussverletzungen immer noch nachweisen können.

Obwohl die Historie der Kapuzenfreaks bis zu den Kreuzfahrern des 11. Jahrhunderts zurückreicht, sind ihre Beziehungen zum Hause Wittelsbach heute angespannt. Denn die legitimen Nachfahren des Königs wünschen keine weitere Untersuchung des Todesfalls: "Der Familie und dem Herzog von Bayern geht es darum, die Totenruhe zu respektieren", heißt es. Basta.

Aber auch die Gegenbewegung zu den Guglmännern - das Bündnis "Das andere Bayern" - ist umstritten. Vor allem, weil nun durchgesickert ist, dass die Getreuen um den Aktionskünstler Wolfram Kastner am Pfingstmontag, im Anschluss an den Gottesdienst in Berg, eine spektakuläre Badeaktion im Starnberger See planen. Und zwar genau an der Stelle, an der Ludwig II. und sein Psychiater tot aufgefunden wurden. Das Motto der 100 bis rund 200 "Freunde der Demokratie und des Wassersports" lautet: "Schwimm dich frei von der Ludwixerei." Das wollen sie mit Plastikkrokodilen, einem Schwan und einem "Kini"-Double, einer Art königlicher Wasserleiche, erreichen.

Denn für Königsbewunderer haben Kastner und seine Kollegen kein Verständnis. Es sei eine Schande, dass Bayern seine Könige heute noch so verehre, seine demokratischen Freiheitskämpfer aber völlig vernachlässige - auch Kurt Eisner, den ersten sozialistischen Ministerpräsidenten im neuen Freistaat von 1918. Dabei sei Ludwig verrückt gewesen, er habe sein Volk hungern lassen, um seine Prunkschlösser Neuschwanstein und Linderhof finanzieren zu können. "Die Leute haben gehungert, sind gestorben und haben vorher ihren König verflucht."

Vollkommen unverständlich sei es, dass gerade dieser Aspekt des unheilvollen königlichen Wirkens in den zahlreichen Jubiläumsausstellungen ausgespart werde. "Man sollte doch auch die Hütten und Erdlöcher derer zeigen, die diese Prachtschlösser gebaut haben", fordert Kastner. Heute koste der Erhalt der beiden Prachtschlösser mehr, als der Tourismus einbringe, meint Kastner. Ob das aber auch wirklich stimmt?

Rund 450 000 Touristen werden im Jahr durch Linderhof geschleust, heuer wird dort das Königshäuschen erstmals öffentlich zugänglich sein. Auf Neuschwanstein treten sich pro Jahr bis zu 1,3 Millionen Menschen auf die Füße. So betrachtet ist das Vermächtnis König Ludwigs II. - die nachhaltige Förderung des bajuwarischen Tourismus - das Beste, was den Bayern passieren konnte. Und es lässt den "Kini" außerdem stets lebendig erscheinen.