Ken hat Geburtstag und darf zurück in die Puppenstube. Vom Wandel eines Mädchenschwarms

Los Angeles. Ken Carson entstammt einer fehlerfreien Welt ohne Hüftspeck und Doppelkinn. Sein Körper ist wie aus hautfarbenem Marmor gemeißelt, sein Lächeln wärmt Herzen. Kann also Ken, der Langzeitgefährte der Modepuppe Barbie, heute, an seinem 50. Geburtstag, sorglos in die Zukunft blicken? Nicht ganz. Seine Konturen sind immer noch makellos, doch die Puppe ist in die Jahre gekommen. Der alternde Plastik-Beau kommt ein wenig steif daher. Sein Hersteller Mattel hat in den USA eine Kampagne gestartet, um Ken wieder so richtig cool zu machen.

Am 11. März 1961 hatte Ken sein Debüt als Begleiter von Barbie, die zwei Jahre zuvor ihren Siegeszug in die Mädchenzimmer der Welt angetreten hatte. In Badehose und Korksandalen, mit irre dünnen Waden und gänzlich ohne Sixpack tauchte der blasse Vinyl-Kerl aus dem Nichts auf und bewahrte Barbie vor einem Ende als alte Jungfer. Um die Sittenwächter nicht zu erschrecken, fand sich in Kens Intimzone nur die Andeutung einer sanft gerundeten Beule.

Der Plastikmann übte in seinem Leben mehr als 40 Berufe aus

Ken, der seinen Namen dem Sohn von Mattel-Gründerin Ruth Handler verdankt, ist ein Mann mit vielen Gesichtern. Unzählige Male wechselte er Frisur und Farbe - und ja, wenn es die Zeit erforderte, hatte er auch echte Haare. Er übte mehr als 40 Berufe aus - jeweils im passenden Outfit - als Astronaut, Balletttänzer oder Arzt.

Mit 18 bekam Ken Waden, Bizeps, Bauchmuskeln und das Kreuz eines Leistungsschwimmers. Gelegentlich trug er verwegen Dreitagebart ("Rasierspaß Ken"). Doch aus dem Schatten der Power-Frau Barbie trat der Sonnyboy niemals hinaus. Er war immer nur das hübsche Anhängsel, der nette Kerl, der gerne kocht und ein ungewöhnlich gutes Gespür für Mode hat.

Der US-Branchenanalyst Needham vermutet, dass Ken weniger als zehn Prozent der Barbie-Umsätze ausmacht. Deren jährliche Verkaufszahlen schätzen Fachleute auf 1,2 Milliarden Dollar - deutlich unter früheren Höchstmarken. Mattel lässt Ken zum 50. Geburtstag in die Offensive gehen: Er twittert und hat eine Facebook-Seite, was ihm neue Fans bringen soll. In den USA läuft inzwischen eine Reality-Serie mit dem Titel "Genuine Ken", in der acht Teilnehmer mit Ken-ähnlicher Anatomie um den Titel "Great American Boyfriend" konkurrieren. Sie messen ihre Kräfte in Disziplinen wie Kochen oder Wohnungs-Deko. Die in die Jahre gekommene Marke soll sich ein neues Publikum erschließen und wieder Spaß machen, sagte Mattel-Vizepräsidentin Stephanie Cota.

2004 hatte Barbie einen kurzen Flirt mit dem Surfer Blaine

Freilich nicht so viel Spaß, dass Kens blütenweißes Image befleckt würde. "Wir halten uns von Dingen fern, die zu offensichtlich sexuell sind", sagte Cota über die Serie. Aber warum sollte sich Ken obszönen Ausschweifungen hingeben, wo doch im Privatleben seit Kurzem wieder alles gut ist? Im Jahr 2004 hatte Mattel mit der Nachricht schockiert, dass Barbie und Ken nach 43 Jahren kein Paar mehr seien. Gründe waren nicht genannt worden. Streit? Ein Seitensprung? Fakt ist, Barbie hatte ein kurzes Intermezzo mit dem australischen Surfer Blaine. Auch gab es Spekulationen über Kens sexuelle Orientierung, wie sie bei einem derart modebewussten Super-Softie wohl unvermeidlich sind. Zum 50. sind sie wieder zusammen. Die rosa Plastikwelt ist wieder im Lot.