Belgien blockierte zwei Jahre die Einreise des Jungen, dessen Leihmutter in der Ukraine lebt

Brüssel. Ganz fest hält Laurent Ghilain seinen kleinen Samuel, 2, in den Armen, streicht ihm über den Rücken, küsst den dunkelblonden Haarschopf. Langsam geht der 27-Jährige über das Rollband in der Ankunftshalle des Brüsseler Flughafens, wie betäubt. Ghilain kann noch nicht glauben, dass er seinen Sohn wieder hat. Dass der Albtraum vorbei ist, endlich, nach zwei Jahren und drei Monaten.

Dabei hatte sich am 24. November 2008 Ghilain und sein Ehemann Peter Meurrens einen Traum erfüllen sollen, stattdessen begann ein Albtraum. "Wir wollten immer ein Kind", sagte Meurrens. "Aber wie? Von anderen Paaren wussten wir, dass sie sich um eine Adoption beworben hatten, aber die Wartelisten waren lang. Es konnte Jahre dauern, wenn es überhaupt klappen würde." Belgien erlaubt die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare seit 2006. Doch das Land hat keine gesetzliche Regelung für die Adoption eines Kindes, das von einer Leihmutter auf die Welt gebracht wird. Eine Gesetzeslücke, die Samuel nach der Geburt von seinem leiblichen Vater trennen sollte.

Ghilain und Meurrens hatten sich nach langem Suchen für eine Organisation in der Ukraine entschieden, wo Leihmutterschaften legal sind. Samuel wurde im Reagenzglas gezeugt, mit Ghilains Sperma. "Wir waren sehr aufgeregt, als wir am Morgen nach seiner Geburt ins Krankenhaus gingen. Wie würde er auf uns reagieren?", sagte Ghilain. "Aber alles war ganz natürlich, absolut perfekt." 25 000 Euro haben die Belgier für die Leihmutterschaft bezahlt, nur 5000 Euro davon gingen der Zeitung "Le Soir" zufolge an die Ukrainerin.

Ein Versuch, den Jungen aus der Ukraine zu entführen, scheiterte

Als die Männer mit ihrem Sohn wenige Tage später nach Hause reisen wollten, folgte der Schock: Das Konsulat in Kiew wollte keine Papiere ausstellen. "Wir haben keine rechtliche Basis, um eine solche Geburtsurkunde anzuerkennen", sagte ein Sprecher des belgischen Außenministeriums. Samuel musste bei einer Pflegefamilie in der Ukraine bleiben, seine Väter mussten zurück nach Belgien. "Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch Hoffnung", erzählte Ghilain - bis zur ersten Gerichtsverhandlung in Belgien. "Der Staatsanwalt warf mir vor, mich nur für mich selbst und nicht für das Wohlergehen meines Sohnes zu interessieren." Auch ein zweiter Versuch scheiterte, Papiere zu erstreiten. Selbst ein DNS-Test, der Ghilains Vaterschaft bewies, half nicht. Fast zur gleichen Zeit gewährte ein belgisches Gericht einem heterosexuellen Paar in ähnlicher Situation die Papiere.

Nach einem Jahr des Wartens beschlossen die Eltern, Samuel illegal aus der Ukraine zu bringen - auch auf die Gefahr hin, sich wegen Entführung strafbar zu machen. An der Grenze zu Polen nahm eine Freundin den Einjährigen in Empfang und versuchte, mit dem Kleinen über die Grenze zu kommen. Sie wurde verhaftet - und Samuel kam in ein Waisenhaus im ukrainischen Lemberg. Laurent Ghilain und Peter Meurrens waren am Ende. Sie fragten sich, ob es nicht besser wäre, Samuel würde von einer ukrainischen Familie adoptiert. Zugleich aber setzten sie alle Hebel in Bewegung, kontaktierten Medien, bald diskutierte Belgien über den Fall. Videobilder des kleinen Jungen, der traurig durch die Gänge des Waisenheims läuft, lösten Mitgefühl aus.

Anfang Februar erkannte das Brüsseler Gericht Ghilains Vaterschaft an. Außenminister Steven Vanackere versprach, Samuel so schnell wie möglich alle Papiere ausstellen zu lassen. Jetzt nun das glückliche Ende. Die Familie ist vereint. Belgien will nun die Gesetzeslücke schließen.