Der Leinwandstar galt in den 1940er und 1950er Jahren als Sexsymbol. In “Blondinen bevorzugt“ spielte Jane Russell an der Seite von Marilyn Monroe.
Los Angeles. Sie war eine der letzten Hollywood-Göttinnen. Jane Russell, Leinwandheldin und Sexsymbol der Nachkriegszeit, ist am Montag mit 89 Jahren gestorben. Russell verkörperte Sinnlichkeit in einer prüden Zeit. Mit ihren üppigen Rundungen, ihren langen Beinen und ihrer Bereitschaft, das alles herzuzeigen, alarmierte sie in den 1940er Jahren die US-Zensoren - und trieb das neugierige Publikum in die Kinos. Später distanzierte sie sich von ihrem Verführerinnen-Image und engagierte sich für Kirche und Konservative.
Russells große Kino-Erfolge in den 40ern und 50ern setzten ihre Weiblichkeit auf für die damalige Zeit provokative Weise in Szene. In Filmen wie „Blondinen bevorzugt“ von 1953, als sie an der Seite von Marilyn Monroe die dunkelhaarige Dorothy spielte, demonstrierte Russell aber auch, dass sie mehr zu bieten hatte als strahlendes Aussehen. Die Schauspielerin zeigte Spielwitz und trockenen Humor, sie konnte singen und tanzen.
Richtig gewürdigt fühlte sie sich aber nie. „Außer im Komödienbereich habe ich es in der Schauspielerei zu nichts gebracht“, schrieb Russell in ihrer Autobiografie. Für das Kino sei sie nur als Busenwunder interessant gewesen: „Ich war definitiv ein Opfer von Hollywood-Klischees.“
Berühmt war Russell schlagartig im Jahr 1943 geworden - mit einem Film, einem dazugehörigen Plakat und einem kleinen Skandal. Denn auf dem Werbeplakat des Streifens "Geächtet“ räkelte sich Russell mit hoch gezogenem Rock und einem Revolver in der Hand auf einem Heuhaufen. Jahrelang kämpfte Produzent Howard Hughes gegen die Zensoren, denen das Werk zu freizügig erschien. Erst 1946 durfte der Film komplett gezeigt werden. „Das waren schon erstaunliche Zeiten“, erinnerte sich Russell später in einem Interview mit dem Magazin „Christianity Today“. „Es ging doch nur um ein bisschen Dekolleté.“
Hughes hatte die Hauptdarstellerin angeblich zufällig am Empfang seines Zahnarztes entdeckt und ihr Potenzial als Leinwandverführerin erkannt. Die Schauspielerei war Russell von Hause aus nicht fremd: Ihre Mutter gehörte zu einer Truppe von fahrenden Darstellern. Russell lernte Klavier- und Theaterspielen und verdiente zunächst als Model Geld. Geboren wurde sie am 21. Juni 1921 als Ernestine Jane Geraldine Russell in Minnesota.
In den 60er Jahren ging es mit der Karriere des auch als Pin-Up beliebten Stars bergab. Russell hatte noch einige Auftritte in Fernsehfilmen und Shows in Las Vegas und New York, sie machte Werbung für Büstenhalter, der großen Leinwand aber kehrte sie nach mehr als zwei Dutzend Filmen den Rücken. Sie legte viel Wert darauf, ihr Image als Sexsymbol abzuschütteln, erinnert sich der Filmkritiker Leonard Maltin. „Russell war eine viel interessantere Frau, als sie es auf der Leinwand jemals sein durfte“, sagt Maltin. „Sie war eine belebende und humorvolle Persönlichkeit.“
Im berüchtigten Sündenpfuhl Hollywood wurde Russell zu einer der wenigen Vorkämpferinnen für die Werte des Christentums und der konservativen Republikaner. 2009 sagte sie in einem Interview mit „Christianity Today“ scherzhaft, man könne sie durchaus beschreiben als „bösartige rechtsgerichtete konservative christliche Eiferin“. Sie sei keine Rassistin, betonte sie. Sie sei aber „gegen diese Idioten, die die Zehn Gebote von der Wand nehmen wollen, die die Bibel aus den Schulen verbannen wollen und die keine Gebete beim Football-Spiel zulassen wollen“.
Die Zuwendung zum Glauben hatte auch biografische Gründe. Nach einer verpfuschten Abtreibung im Alter von 18 Jahren konnte sie keine eigenen Kinder mehr bekommen. Die Erfahrung machte Russell zu einer flammenden Abtreibungsgegnerin. In den 1950er Jahren gründete sie die Organisation World Adoption International Fund, die ausländische Waisenkinder an US-Familien vermittelte. Russell adoptierte selbst drei Kinder. Sie war ein Mal geschieden und zwei Mal verwitwet.