Mit Böllern sabotieren Jagdgegner die Hatz. Trotzdem wurden am ersten Wochenende der Saison schon 13 Tiere erlegt

Stockholm. Wer hat Angst vor dem bösen Wolf? In Schweden sind es vor allem die Bewohner waldreicher Gebiete. Sie stehen in diesen Tagen den Umweltschützern höchst unversöhnlich gegenüber. Seit dem Wochenende dürfen 20 von 200 in Schweden lebenden Wölfen erlegt werden. Mehr als 6800 Jäger haben eine Lizenz zum Töten. Zum Auftakt der umstrittenen Wolfsjagd wurden trotz der Aktionen von Tierschützern schon 13 Exemplare der grauen Pelztiere erlegt.

Im Bereich Värmland konnte nicht ein Wolf erlegt werden

Im Bezirk Dalarna sabotierten Jagdgegner das Aufspüren von Wolfsrudeln durch Zünden von Feuerwerkskörpern. "Die Wölfe sind schlau, jetzt haben sie erst mal gewonnen", meinte der Hobby-Jäger Lennart Johannesson in der Zeitung "Aftonbladet". In seinem Bezirk Värmland konnte nicht ein einziges der Tiere erlegt werden, obwohl mehrere Hundert Menschen sich an der Jagd beteiligten. Auch hier sorgten Gegner erfolgreich dafür, dass die Wölfe in Deckung gingen.

Die zweite Jagdsaison nach mehr als 40 Jahren spaltet Schweden in zwei Lager. "Alle diejenigen, die so laut nach totalem Schutz für den Wolf schreien, müssen sich nie mit den konkreten Gefahren auseinandersetzen", sagt Inge Johansson von der "Volksaktion für eine neue Raubtierpolitik" aus dem Bezirk Värmland. Die seit den 80er-Jahren wieder auftauchenden Wölfe gefährdeten "den Bestand alter Kuh- und Schafsrassen", klagt sie im Boulevardblatt "Expressen". Der genehmigte Abschuss von sechs der etwa 100 Wölfe in Värmland sei "doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein".

Auch Schwedens Jägerverband hält die diesjährige Quote für viel zu niedrig. Das Interesse an der Wolfsjagd ist überwältigend, obwohl einige Verbandsmitglieder schon Morddrohungen bekommen haben. Der zwischenzeitlich komplett verschwundene Canis lupus gilt als lästiger Konkurrent bei der Jagd auf Elche. Auch reißen die Beutegreifer immer mal wieder Jagdhunde.

Hingegen halten Natur- und Umweltschützer in Schweden den langsam wieder angewachsenen Wolfsstamm für nicht ausreichend gesichert, um Jagdquoten wie in diesem und im letzten Jahr zu rechtfertigen. "Ein solcher schwerer Eingriff in den Tierbestand kann weder Inzuchtprobleme bei den Tieren noch die Akzeptanzprobleme seitens der Bevölkerung lösen", erklärt Johanna Stadler, Geschäftsführerin der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten". Die Gegner empören sich auch über das ungleiche Verhältnis von 6800 Jägern gegen 20 Wölfe. Im Jahr 2010 seien sieben Tiere angeschossen worden. Sie schleppten sich verletzt in die Wälder.

Ferner beklagen die Tierschützer die weit verbreitete Wilderei in Schweden. Pro Jahr werden nach amtlichen Schätzungen 25 bis 35 Wölfe illegal erlegt. Gefasst werden die Täter so gut wie nie. Umweltminister Carlgren will deshalb ab 2012 entschlossener handeln und gesetzliche Voraussetzungen schaffen, um Wilderer härter zu bestrafen.

Schwedens Behörden versuchen sich zwischen den harten Fronten der Befürworter und Gegner durchzuhangeln - so gut es geht. Die Wiederzulassung der Pirsch galt als eindeutiges Zugeständnis an die starke schwedische Jägerlobby und die betroffenen Regionen. Die Behörden begründen die Quote damit, dass trotz der 27 Abschüsse im letzten Jahr und den 20 in diesem der Status quo des Stamms erhalten bleibe. Außerdem sollen in diesem Jahr Tiere aus anderen Beständen in Finnland und Russland importiert und ausgesetzt werden, um durch Inzucht bedingte genetische Schwächen zu vermindern.

Brüssel erwägt eine Klage gegen die Wolfsjagd

In Brüssel sieht man das Treiben in Schweden indessen mit Unmut. So hat die EU-Kommission bereits offiziell protestiert und verlangt Aufklärung über die Hintergründe der Wolfsjagd, die gegen europäische Richtlinien verstößt. Der Brüsseler Umweltkommissar Janez Potocnik erwägt sogar, die Regierung in Stockholm wegen der Jagdgenehmigung zu verklagen.