Deutscher Alpenverein legt Unfallstatistik vor. Er warnt Kletterer vor trügerischen Steigen

München. An einem schönen Sommerwochenende in Oberbayern haben die Bergwacht, der ADAC mit seinen Rettungshubschraubern und die Polizei alle Hände voll zu tun. Selten endet ein solcher Wandertag in den Alpen ohne Unfall eines Bergsportlers, der sich überschätzt hat. Und doch: Die Zahl der tödlich verunglückten Kletterer und Wanderer geht zurück, hat der Deutsche Alpenverein (DAV) ermittelt. Gemessen an den Hunderttausenden, die inzwischen in den Alpen und den deutschen Mittelgebirgen wandern, und den Zehntausenden, die Felsen und Gipfel erklimmen, passieren immer weniger tödliche Unfälle, so die Bergunfallstatistik des DAV für die vergangenen zwei Jahre. Von den mittlerweile 851 000 DAV-Mitgliedern verunglückten in diesem Zeitraum 76 in den Bergen tödlich. Im ersten Jahr der Statistik, 1952, waren es 43 Todesopfer gewesen. Und damals zählte der größte deutsche Bergsteigerverein gerade einmal 114 000 Mitglieder.

In Österreich entstehen zunehmend gefährliche Klettersteige

Doch es gibt eine zweite Seite der Medaille: Besonders in Österreich entstünden immer mehr Klettersteige, die "nicht immer sinnvoll und zum Teil sehr schwer" seien, sagt DAV-Hauptgeschäftsführer Thomas Urban. "Tourismusbehörden richten anspruchsvolle Klettersteige ein, ohne ausreichend über die Schwierigkeit zu informieren", kritisiert er. Seit dem Boom beim Hallenklettern gebe es auch mehr Sportkletterer im Fels. Drahtseil, Leitern und Tritte der Steige vermittelten ein Gefühl von Sicherheit, das aber trügerisch sein könne. Der Kletterboom hat dafür gesorgt, dass sich die Zahl der Unfälle beim Klettersteiggehen seit dem Jahr 2000 etwa verdreifacht hat.

Beim vermeintlich leichten Weg in die Felswände überschätzen sich viele, hat der oberfränkische Kriminaloberkommissar Wolfgang Pfeffer beobachtet. Gerade im vergangenen Jahr seien im Frankenjura Kletterer "reihenweise heruntergefallen", die sich nach einigen Hallenübungen unter Anleitung eines Freundes in die Natur wagten. "Eigenverantwortliche Selbstgefährdung", steht dann meist im Polizeibericht.

Die Gäste, die auf gesicherten Wanderwegen bleiben und auf seilgesicherte Kletterpartien verzichten, gehen hingegen ein minimales Risiko ein. In etwa der Hälfte der Todesfälle beim Bergsport, sagt der Sicherheitsforscher Florian Hellberg, sei ein Herz-Kreislauf-Zusammenbruch die Hauptursache.

Erstmals präsentierte der DAV der Öffentlichkeit eine Studie, die schon 2002 von dem österreichischen Sportwissenschaftler Roland Bässler erstellt worden war. Demnach ist Bergwandern - gemessen an der Zahl der Unfälle je 1000 Stunden Sportausübung - fast so sicher wie Schwimmen. 26-mal gefährlicher als beide Sportarten sei zum Beispiel das Fußballspielen. Bei den Todesfällen ist die Statistik noch überraschender: Während beim Schwimmen im Jahr 400 bis 600 Menschen in Deutschland ums Leben kommen, sind es beim Bergwandern etwa 100 Todesfälle pro Jahr. In dieser Zahl sind auch Unglücke von Menschen berücksichtigt, die nicht Mitglieder des DAV sind.

Schnellere Hilfe in den Bergen dank Mobiltelefon

Und wenn in den Bergen tatsächlich einmal etwas passieren sollte, sind die Chancen eines Bergwanderers auf rasche Hilfe dank der Erfindung des Mobiltelefons drastisch gestiegen. Während es im Jahre 1990 im Schnitt noch ganze fünf Stunden dauerte, bis bei einem Notfall die Retter alarmiert werden konnten, sind es jetzt im Durchschnitt nur noch 20 Minuten. Die Aussichten, ein Herz-Kreislauf-Versagen in einer abgelegenen Bergregion zu überleben, sind damit ungleich höher als noch vor 20 Jahren.