ICE-Fahrten könnten auch in den nächsten Tagen zum Saunagang werden. Bahnchef Grube schließt weitere Störungen der Klimaanlagen nicht aus.

Berlin/Frankfurt/Main. Die Hitzefahrten im ICE sind laut Bahnchef Rüdiger Grube nicht auf einen Sparkurs des Unternehmens zurückzuführen. Vielmehr habe die Bahn für die Wartung der Fernzüge in den vergangenen Jahren mehr ausgegeben, sagte Grube am Freitag im Deutschlandfunk. Ganz ausschließen konnte Grube weitere Saunafahrten trotzdem nicht. Er betonte aber: „Wir geben uns alle Mühe, dass so etwas nicht vorkommt.“ Verbraucherschützer fordern für Hitzeopfer jetzt Geld statt Gutscheine von der Bahn.

Dem Unternehmen war immer wieder vorgeworfen worden, wegen seines geplanten Börsengangs einen Sparkurs zu fahren. Dem hielt Grube nun entgegen, allein für die Fernverkehrsflotte seien die Materialausgaben von 298 Millionen Euro 2004 auf 405 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Der Personalaufwand sei von 84 Millionen auf 96 Millionen Euro erhöht worden.

Grube betonte, dass bei der anstehenden Generalüberholung der 44 ICE-2-Züge wegen der Ausfälle überlegt werde, „ob es nicht besser ist, dass wir auch die Klimaanlage entsprechend überarbeiten“. Die Bahn hat in einer Arbeitsgruppe mit den Herstellern bei der Baureihe ICE 2 weder Mängel bei der Wartung noch bei der Konstruktion entdeckt.

Auf Kundenseite droht der viel gescholtenen Bahn weiterer Ärger: Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert, Fahrgäste aus überhitzten Zügen deutlich besser zu entschädigen als geplant. „Die Bahn sollte sich großzügig zeigen“, sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. „ Reisegutscheine sind nicht angemessen.“

+++ Wenn die Hitze im Zug unerträglich wird - diese Rechte haben Sie +++

Verbraucherschützer sehen das ähnlich: Wer durch den Ausfall der Klimaanlage gesundheitliche Probleme bekomme, habe Anspruch auf Schadenersatz in barer Münze, teilte die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz am Freitag mit. Dies gehe unter anderem aus der Europäischen Fahrgastrechtverordnung hervor. „Gutscheine sind ein geschickter Schachzug der Bahn, um trotz eigenen Fehlverhaltens ungeschoren davon zu kommen.“ Ein Reisegutschein koste die Bahn nichts, denn die Züge führen mit oder ohne Gutscheininhaber.

“150 Prozent des Reisepreises sind das Minimum - aber das bitte in Geld“, erklärte Monika Hecken, Juristin der Verbraucherzentrale. Sie empfiehlt Betroffenen, ihren Anspruch direkt schriftlich per Einschreiben mit Rückschein an die Deutsche Bahn zu richten. Hecken rät Reisenden auch, sich den Ausfall der Klimaanlage vom Zugbegleiter bestätigen zu lassen und notfalls mit Mitreisenden Adressen auszutauschen, um im Streitfall Zeugen benennen zu können.

Die Bahn hatte jenen Hitzeopfern , die ärztlich versorgt werden mussten, Fahrgutscheine in Höhe des Anderthalbfachen des ursprünglichen Fahrpreises zugesagt. Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg sagte ihm ZDF, man wolle auf die Betroffenen zugehen und mit ihnen über eine Wiedergutmachung ins Gespräch kommen.

Unterdessen teilte eine Bahnsprecherin mit, dass neue Klimaanlagen in Zügen der Deutschen Bahn künftig auch bei Außentemperaturen bis zu 45 Grad funktionieren sollen. Entsprechende Geräte seien Teil der Ausschreibung des Projekts ICx, sagte sie am Freitag. Der ICx soll unter anderen die in die Jahre gekommenen InterCity-Züge der Bahn ersetzen. Zudem würden die neuen Geräte vor allem im Zuge der Generalüberholung in der zweiten ICE-Baureihe installiert, die von diesem Jahr an modernisiert werden soll. „Wir prüfen derzeit, in welchem Unfang die Modernisierung der Klimaanlagen stattfinden wird“, sagte die Sprecherin weiter. Der Personenverkehrsvorstand der Deutschen Bahn, Ulrich Homburg, kündigte in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ am Donnerstagabend außerdem an, die Fertigung der sogenannten Regelwerkskonformität prüfen zu wollen. Dabei soll insbesondere darauf geachtet werden, dass Neuanschaffungen bestimmten Normen entsprächen. Auch würden die Funktionstüchtigkeit untersucht, wenn bestimmte Grenzwerte erreicht würden.

+++ Pleiten, Pech und Pannen bei der Bahn +++

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann, zeigte sich unterdessen mit den von der Bahn getroffenen Maßnahmen zufrieden. „Darüber bin ich froh. Das ist ein Ergebnis der Chaostage“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Hermann der „Mitteldeutschen Zeitung“ zum Einbau besserer Geräte. Auch bei Kälte müsse man mit größeren Problemen rechnen, wurde Hermann zitiert. Zudem brauche die Bahn mehr Reserven. Die technische Anpassung dauere aber Jahre. „Die Kapazitäten sind begrenzt.“ Zugleich erhob Hermann schwere Vorwürfe gegen das frühere Konzernmanagement unter Hartmut Mehdorn. Das Unternehmen sei ausschließlich mit dem Ziel geführt worden, es an die Börse zu bringen. „Da wurde nur das Nötigste investiert, weil alles andere die Bilanzen versaut hätte. Das müssen Rüdiger Grube und die neue Bahnführung jetzt bitter bezahlen.“

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Florian Pronold, griff dagegen erneut das jetzige Management des Unternehmens an. Es gebe offensichtlich Fehler im System, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Es geht um die Gesundheit von Menschen. Da darf man nichts verharmlosen.“ Wegen der großen Hitze fielen bei der Deutschen Bahn nach eigenen Angaben innerhalb einer Woche in etwa 50 Zügen die Klimaanlagen aus. Am vergangenen Wochenende mussten etwa in Bielefeld viele Fahrgäste mit Kreislaufproblemen behandelt werden. Betroffen sind vor allem ICE 2.