Soziale Online-Netzwerke liefern häufig Material, etwa bei Scheidungsklagen. Ehemann stellte Urlaubsfotos mit Freundin ins Netz.

New York. Facebook ersetzt den Detektiv: Amerikanische Scheidungsanwälte greifen immer häufiger auf das soziale Netzwerk zurück, um ihre Klage zu untermauern. Denn das, was die Menschen so im Internet verbreiten, kann unter Umständen gegen sie verwendet werden. Beispiele gibt es zuhauf: Da stellt ein Mann die Urlaubsschnappschüsse mit seiner Geliebten auf seiner Profilseite in Facebook ein. Nur hat er leider vergessen, dass auch seine Ehefrau zu seinen Netzwerk-Verbindungen zählt. So erstellte in einem Fall ein Mann ein Profil auf der Online-Partnerbörse "Match.com", wo er angab, alleinstehend zu sein und keine Kinder zu haben. Dabei war er gerade dabei, vor Gericht das Sorgerecht für seine "nicht existenten" Kinder zu erstreiten. In einem anderen Fall beklagte ein Mann, dass seine Ex-Frau ständig die Termine ihrer gemeinsamen Kinder verpasse. Vor Gericht präsentiertes Material zeigte dann, dass die Frau sich genau zu dem Zeitpunkt zusammen mit ihrem Freund bei Online-Spielen vergnügte, als sie mit ihren Kindern hätte unterwegs sein sollen. Eine Frau bestritt vor Gericht, dass sie Marihuana rauche. Doch dann tauchten Fotos von ihr auf Facebook auf, in denen sie bei einer Party mit einem Joint zu sehen war.

In den USA haben laut einer Umfrage unter Scheidungsanwälten 81 Prozent in den vergangenen fünf Jahren schon einmal Beweismaterial aus Online-Netzwerken vor Gericht benutzt oder mussten dagegen angehen. Facebook ist demnach besonders beliebt: 62 Prozent der Befragten gaben an, dort Beweise gefunden zu haben, wie Linda Lea Viken vom amerikanischen Verband der Scheidungsanwälte sagt. 15 Prozent griffen demnach auf MySpace zurück und fünf Prozent auf den Kurznachrichtendienst Twitter.

Die Hamburger Scheidungsanwältin Katrin Damm kann sich gut vorstellen, dass bald auch hierzulande Beweismaterial online gesammelt wird. Doch derzeit ist ihr aus ihrer Praxis kein derartiger Fall bekannt. Dennoch ist die Anwältin erstaunt darüber, dass Menschen ihr gesamtes Leben online stellen - einschließlich der Einkommensverhältnisse und Lebensumstände. "Wenn sich dabei herausstellt, dass jemand seit Jahren in einer festen Partnerschaft lebt und das im Unterhaltsprozess abstreitet, könnte sich das sicherlich auf das Urteil auswirken." Für derartige Recherchen habe man früher für Geld Privatdetektive beauftragt. Die Anwältin glaubt allerdings nicht, dass falsche Angaben in einem Partnerportal sich nachteilig im Sorgerechtsstreit auswirken könnten. "Wer bei der Online-Partnersuche flunkert, muss nicht zwangsläufig ein schlechter Vater sein."

Die Online-Netzwerke sind oft auch Plattform für Hass- und Schmierkampagnen gegen den Ehepartner, mit dem man sich gerade einen Rosenkrieg liefert. Manchmal führen Lästerattacken sogar zu neuen Gerichtsverfahren.

Die Informationen, die sich im Internet aufspüren ließen, fände man auf normalem Wege nie, sagt die Anwältin Leslie Matthews aus dem US-Staat Colorado. "Die Leute plaudern in Facebook alles Mögliche aus. Sie begreifen nicht, dass das, was sie in ihren Scheidungsprozessen aussagen, sich von dem, was sie auf Facebook sagen, komplett unterscheidet. Es kommt ihnen nicht einmal in den Sinn, dass sie erwischt werden könnten."

Um zu verhindern, dass das, was jemand im Internet preisgibt, später vor Gericht gegen ihn verwendet wird, ist Vorsicht geboten. So sei es wichtig, von den Sicherheitseinstellungen auf Websites Gebrauch zu machen. "Der Einzelne hat es selbst in der Hand, wie weit seine Identität weitergegeben wird. Er kann verschiedene Einstellungen vornehmen, dass nur bestimmte Personen in die Kommunikation eingebunden werden", sagt der stellvertretende Hamburgische Datenschutzbeauftragte Hans-Joachim Menzel. "Facebook möchte etwa, dass ganze Adressbuchverzeichnisse angegeben werden. Das sollte der Nutzer nicht tun."