Hamburg/Los Angeles. Er hat goldene Augen, unglaubliche Kräfte und das Beste: Er glitzert in der Sonne. Klar, dass alle Mädchen ihn haben wollen: Edward Cullen. Seines Zeichens Vampir und Hauptfigur der weltbekannten "Twilight"-Saga. Ursprünglich als Buchreihe erschienen, sorgen die Verfilmungen der Romanze zwischen dem abstinent lebenden Blutsauger und seiner großen - doch sehr lebendigen - Liebe Bella inzwischen auf der ganzen Welt für ein Bis(s)-Fieber.

Premiere auf dem schwarzen statt auf dem roten Teppich

Am Donnerstagabend feierte der dritte Teil "Bis(s) zum Abendrot" im Nokia Theatre in Los Angeles Premiere, und die Stars und Fans drängten sich sowohl auf als auch neben dem - in diesem Fall - schwarzen Teppich. Vor allem die Ankunft der Hauptdarsteller Robert Pattinson, 24, Kristen Stewart, 20, und Taylor Lautner, 18, sorgte für ohrenbetäubendes Geschrei der seit Tagen sehnsüchtig wartenden Fans. Bis der Film in Deutschland in die Kinos kommen wird, müssen die Fans noch bis zum 15. Juli warten. Die Hamburgerin Cecilia Schramm: "Den Termin habe ich mir schon im Handy gespeichert, den Film werde ich mir auf jeden Fall ansehen." Die 14-Jährige ist ein großer Fan der von Stephenie Meyer erdachten Geschichte, ganze Passagen werden von der Schülerin mühelos im Wortlaut zitiert. Allerdings zieht sie die Bücher den Filmen vor. "Die Filme sind immer etwas abgewandelt", erklärt sie, "die Bücher sind viel detaillierter und durch die Ich-Perspektive kann man sich total mit Bella identifizieren."

Die Möglichkeit der Identifikation sieht Michael Schulte-Markwort, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik des Hamburger UKE, als Hauptgrund für die große Begeisterung um die Buch- und Filmreihe. "Hier wird ein uraltes Konzept von Liebe in ein neues Genre gehoben, das macht die Filme besonders." Vor allem für Mädchen böten die Akteure und insbesondere die attraktiven Schauspieler unglaublich gute Identifikationsfiguren.

Für die unwissenden Eltern sei an dieser Stelle kurz die Handlung umrissen: Das junge Mädchen Bella (Stewart) zieht zu seinem Vater in eine typische amerikanische Kleinstadt, verliebt sich dort in den geheimnisvollen Edward Cullen (Pattinson), und der erwidert nach langem Hin und Her die Gefühle. Einziges Problem: Cullen ist ein 109 Jahre alter Vampir, der nicht altert, aber mit seiner Familie immerhin vegetarisch lebt, also auf Menschenblut verzichtet. Dennoch ergeben sich aus dieser Konstellation natürlich zahlreiche Probleme. Böse - ausdrücklich nicht vegetarische - Vampire bedrohen das Glück, Schuldgefühle bei Edward und Bellas Wunsch, ein Vampir zu werden, kommen hinzu. Nicht zu vergessen die Konkurrenz durch Jacob (Lautner), der, seit Langem mit Bella befreundet und heimlich in sie verliebt ist, im zweiten Teil der Serie zum Werwolf wird und um das Herz seiner Angebeteten kämpft.

Kurz gesagt: In den Büchern geht es um Liebe, nicht erwiderte Gefühle und lauter andere mehr oder weniger offen artikulierte Sehnsüchte, die im Grunde jedes pubertierende Mädchen umtreiben. Die Identifikation unter den weiblichen "Fanpires" - eine Wortkombination aus Fan und Vampires - geht sogar so weit, dass sich inzwischen regelrechte Verehrungs-Teams gebildet haben, Team Edward gegen Team Jacob. "Ich bin absolut im Team Edward", erklärt beispielsweise Cecilia. Warum der Vampir und nicht der Werwolf? "Na ja, Edward ist ja 109 Jahre alt und benimmt sich eben wie ein echter Gentleman. Er hält Bella zum Beispiel die Tür auf und so. Welches Mädchen wünscht sich so was denn nicht?" Außerdem sei es toll, dass die Liebe zwischen Edward und Bella "so stark ist, dass sie nicht ohne einander leben wollen - obwohl sie noch Teenager sind".

Eltern sollten sich über die Verehrung nicht lustig machen

Kinderpsychiater Schulte-Markwort rät Eltern von so begeisterten "Twilight"-Fans zu Gelassenheit, denn Kinder bräuchten in der Pubertät solche Identifikationsfiguren. "Die Eltern spielen immer noch eine Rolle, aber die Kinder entfernen sich langsam von ihnen. Das ist ein normaler Prozess, der für die Reifung notwendig ist", erklärt der Experte. Wichtig sei, dass sich die Eltern nicht lustig machten. Das sei wenig zielführend und gehöre sich nicht.

Vielleicht erinnert sich ja auch manch Erwachsener an die eigene Jugend. Heute heißt es zwar Biss statt Beatles - aber die Begeisterung bleibt.